Razzia gegen "Kalifatsstaat" - Durchsuchung in Mannheim und Weinheim

Im Zusammenhang mit einer Razzia gegen Mitglieder der verbotenen Vereinigung "Kalifatsstaat" hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe am Dienstag zehn Objekte durchsuchen lassen. Sie befanden sich alle in der Region.

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dpa/lsw
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Beamte der Ermittlungsgruppe "Tiger" sitzen in einem Raum des Landeskriminalamtes in Mainz. Von hier aus wurde federführend die Razzia gegen die verbotene und als islamistisch eingestufte Vereinigung "Kalifatsstaat" koordiniert. © Boris Roessler

Rhein-Neckar. Im Zusammenhang mit einer Razzia gegen Mitglieder der verbotenen Vereinigung "Kalifatsstaat" hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe am Dienstag zehn Objekte durchsuchen lassen. Diese befinden sich nach Auskunft eines Sprechers in Mannheim, Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) und im hessischen Viernheim. Treffen der Vereinigung hätten mutmaßlich unter anderem in Weinheim stattgefunden. Dorthin seien auch Menschen aus Viernheim gekommen, erklärte der Sprecher die grenzüberschreitende Zuständigkeit.

Festgenommen worden sei hier niemand, teilte er weiter mit. Es geht um den Verdacht des Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot. Von dem Karlsruher Ermittlungsverfahren sind acht Beschuldigte betroffen.

Beim "Kalifatsstaat" handelt es sich um eine islamistische Vereinigung, die von einem selbsternannten "Kalifen von Köln" geführt wird. Sie hat den Ermittlern zufolge das Ziel, einen islamischen Staat unter Ablehnung demokratischer und rechtsstaatlicher Grundsätze auf der Grundlage des Korans als Verfassung und der Scharia als allein geltenden Rechts einzurichten. Die Vereinigung wurde laut Generalstaatsanwaltschaft erstmals 1984 unter anderem Namen in Köln gegründet und im Jahr 2001 vom Bundesinnenministerium verboten.

Die verbotene islamistische Vereinigung "Kalifatsstaat"

  • Das Bundesinnenministerium hat die islamistische Vereinigung "Kalifatsstaat" 2001 verboten. Ihre Ziele richteten sich gegen die verfassungsmäßige demokratische Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung, so die Begründung. Das Verbot ist rechtskräftig.
  • Die Vereinigung wurde laut Generalstaatsanwaltschaft erstmals 1984 unter anderem Namen in Köln von Cemalettin Kaplan gegründet. Kaplan vertrat laut Generalstaatsanwalt die Auffassung, nur durch kompromisslose Verkündung des Islams könne das Ziel eines islamischen Staates erreicht werden. 1992 rief er in Koblenz den "Förderverein Islamstaat Anatolien" aus und ließ sich als "Emir der Gläubigen" und später als "Kalifen" bezeichnen.
  • Nach seinem Tod 1995 übernahm sein Sohn Metin Kaplan die Leitung des sogenannten Kalifatsstaats und rief sich selbst zum Kalifen aus. 1996 rief er zur Tötung eines Konkurrenten in Berlin auf. Dieser wurde ein Jahr später von Unbekannten erschossen, und Kaplan 2000 wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Nach der Verbüßung der Strafe wurde er in die Türkei abgeschoben, wo er in Istanbul lebt.

Sechs Bundesländer, drei Festnahmen

Die Aktion der Behörden lief in sechs Bundesländern unter Federführung des Landeskriminalamts (LKA) Rheinland-Pfalz. Drei Männer seien festgenommen worden. Einer von ihnen soll der Sohn des 2004 in die Türkei abgeschobenen Anführers der Organisation, Metin Kaplan, sein, teilte das Landeskriminalamt am Dienstag in Mainz mit. Die Polizisten stellten Schusswaffen, Hieb- und Stichwaffen wie Säbel sowie zahlreiche Datenspeicher und Hunderttausende Euro sicher.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht ein Moscheeverein im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach. Es gebe den dringenden Verdacht, dass innerhalb des Vereins in Predigten und durch den Verkauf von Schriften und sonstigen Propagandamitteln die Ideologie des "Kalifatsstaats" verbreitet und die Organisationsstruktur der Vereinigung aufrechterhalten werden, berichtete das LKA.

Strobl sieht "Bedrohung"

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: "Die Bedrohung durch den islamistischen Terror hat keinen Deut an Gefährlichkeit eingebüßt." Auch wenn das Thema bei vielen nicht mehr auf der Agenda stehe, widmeten die Sicherheitsbehörden der Bedrohung durch den Islamismus weiterhin höchste Aufmerksamkeit. "Es darf bei Niemanden nur der leiseste Zweifel aufkommen, dass wir nicht ein wachsames Auge auf all diejenigen werfen, die unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze ablehnen", sagte Strobl. Gerade die Umtriebe des "Kalifatsstaats" müssten im Keim erstickt werden.

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