Justiz

Prozess um Selbstjustiz: „Mein Vater hat mich sexuell missbraucht“

Ein 42-Jähriger steht seit Donnerstag wegen räuberischer Erpressung in Frankenthal vor Gericht. Er soll seine Adoptivmutter niedergeschlagen, eine Viertelmillion Euro von seinen Eltern gefordert haben

Von 
Agnes Polewka
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Daniel P. muss sich seit Donnerstag wegen räuberischer Erpressung vor dem Landgericht in Frankenthal verantworten. © Bernhard Zinke

Weisenheim am Berg. Im August 1985 fand er in Weisenheim am Berg (Kreis Bad Dürkheim) ein neues Zuhause. Neue Eltern, die ihn adoptierten. Da war er fast fünf. Im Oktober 2019 griff er zum schärfsten Messer, das er in der Küche seines Elternhauses finden konnte. Er rammte es in den Küchentisch und schlug seine Adoptivmutter zu Boden. Warum?

Daniel P. wirft seinem Vater Missbrauch vor

„Mein Vater hat mich sexuell missbraucht“, sagt Daniel P. am Donnerstag vor dem Frankenthaler Landgericht. Fünf Jahre lang, es sei losgegangen, als er zwölf war, und habe mit 17 geendet, sagt der heute 42-Jährige. Dieser Missbrauch habe ihn am 10. Oktober 2019 zurück nach Weisenheim am Berg geführt.

Ich wollte den Kontakt abbrechen, doch zuvor wollte ich Schmerzensgeld.
Daniel P.

„Ich wollte den Kontakt abbrechen, doch zuvor wollte ich Schmerzensgeld.“ Er stellte eine Rechnung auf. 1000 Euro für jeden Monat, der seit dem Ende des mutmaßlichen Missbrauchs verstrichen war. Insgesamt 264 000 Euro.

Angeklagter hat Erfahrung mit Drogen

P. machte damals eine Drogentherapie. Sieben Jahre Crystal Meth lagen hinter ihm. Davor hatte er mit anderen Drogen experimentiert. Mit Speed, Ecstasy und Kokain. Angefangen habe alles mit 18, kurz nach dem sexuellen Missbrauch, sagt er.

In der Entzugsklinik sprach er über seine Jugend, das Elternhaus, alles, was ihn traumatisiert hatte. „Die Therapeuten haben mir gesagt, ich soll den Kontakt zu meiner Familie abbrechen“, sagt er.

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Das tat Daniel P., und zwar sofort. Persönlich. Er brach die Therapie ab, „clean, aber nicht therapiert“, und fuhr nach Weisenheim am Berg. Er konfrontierte die Eltern - die Mutter nennt er vor Gericht nur Frau P. Er machte Druck, holte ein Messer aus dem Block in der Küche, fuchtelte damit in der Luft herum. Und rammte es dann in den Küchentisch.

Daniel P. gesteht fast alles

Seine Mutter wird später aussagen, er habe es ihr an den Hals gehalten, habe gedroht, seine Adoptiveltern umzubringen, wenn es kein Geld gebe. Das bestreitet Daniel P., alles andere gesteht er, entschuldigt sich. Er bereue, was er getan habe. Heute würde er das nicht mehr tun. Weil er nun wisse, wie schön das Leben sein kann. Mit einer Partnerin, einer eigenen Wohnung, einem Job. „Ich habe seit dem 3.9.2020 nicht mehr konsumiert.“

Die Mutter überwies ihm noch am gleichen Oktobertag 3000 Euro, übergab ihm 500 Euro in bar. Weitere 2000 Euro wollte sie ihm per Paypal schicken. Und den Rest der Summe beschaffen, sagt Daniel P. Sie habe Zeit schinden wollen und einen Anwalt eingeschaltet, sagt die Mutter. Einige Tage später war der Sohn wieder da, versuchte ins Haus zu gelangen, schlug dazu mit einer Gartenharke zwei Fenster ein.

Mutter angegriffen

Als der demente Vater heimkam, nahm er diesem die Schlüssel ab, ging hinein und brach dann im Innern des Hauses die Zimmertüren auf, die die Mutter abgeschlossen hatte. Im Schlafzimmer trafen beide aufeinander. Die Frau hatte gerade die Polizei verständigt, als sie Schläge trafen. Schläge, an die sich beide - die Mutter und der Sohn - nur schemenhaft erinnern können. Die Vorsitzende Richterin Mirtha Hütt zeigt Bilder, die die heute 73-Jährige nach der Tat zeigen. Übersät mit blauen Flecken und Schrammen. Im Gesicht, am ganzen Körper.

Die Staatsanwaltschaft wirft P. räuberische Erpressung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch vor. Die räuberische Erpressung wiegt juristisch am schwersten. Sollte P. deshalb verurteilt werden, drohen ihm zwischen fünf und 15 Jahren Haft.

Redaktion

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