Heidelberg. Die radikalislamischen Taliban haben faktisch die Macht in Afghanistan übernommen, nachdem die afghanische Armee so gut wie keinen Widerstand geleistet hat. In der Hauptstadt Kabul überschlagen sich die Ereignisse, nachzulesen in unserem Liveblog. Für Karl A. Lamers, CDU-Abgeordneter des Wahlkreises Heidelberg/Weinheim, ist das, was gerade in dem Land passiert, "ein moralisches, politisches und strategisches Komplettversagen des Westens".
In einer Pressemitteilung schreibt Lamers: "Seit Wochen hab ich als stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses immer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen und gefordert, alle Deutschen und alle Ortskräfte, die unsere Bundeswehr im Einsatz unterstützt haben, sofort aus dem Land zu holen und in Sicherheit zu bringen. Genau diese Menschen, die uns treu gedient und geholfen haben, müssen jetzt um ihr Leben fürchten."
"Möglichst viele retten"
Lamers sieht in dem "überhasteten und letzlich bedingungslosen Abzug der westlichen Staaten aus Afghanistan" die Ursache für den erfolgreichen Vormarsch der Taliban. Der Christdemokrat, der auch Mitglied im Präsidium der Parlamentarischen Versammlung der Nato ist, weist darauf hin, dass das, wofür in den vergangenen 20 Jahren "Soldatinnen und Soldaten ihre Gesundheit und oftmals auch ihr Leben gelassen haben, nicht umsonst gewesen sein darf".
Karl A. Lamers fordert Nato und EU auf, alles zu tun, "um so viele Menschen wie irgend möglich zu retten und sich Gedanken zu machen, wie wir die angrenzenden Staaten bei der Herausforderung unterstützen, vielen vor Terror und Verfolgung fliehenden Menschen eine sichere Zufluchtsstäte zu geben". Das sei eine moralische Verpflichtung und das Gebot der Stunde, schreibt Lamers.
Meister fordert zur Rettung auf
Auch sein Parteikollege Michael Meister sieht im "Retten von Menschenleben" jetzt "das oberste Gebot". Der Bundestagsabgeordnete des südhessischen Wahlkreises Bergstraße verlangt aber, dass mittelfristig die außen- und sicherheitspolitischen Fehleinschätzungen aufgearbeitet werden müssen.
Mithilfe der aus Kabul herausführenden Luftbrücke erwartet der CDU-Politiker, dass auch "aktive Frauen- und Menschenrechtlerinnen, Aktivistinnen und Bürgermeisterinnen" gerettet werden. "Es waren insesondere viele mutige Frauen, die in den vergangenen Jahren am Aufbau einer Zivilgesellschaft mitgewirkt haben. Jetzt sind sie akut bedroht. Sie brauchen den unmittelbaren Schutz der Weltgemeinschaft", schreibt Meister in einer Pressemitteilung.
Um den in die afghanischen Nachbarländer geflohenen Menschen zu helfen, schlägt der Bundestagsabgeordnete vor, diese Staaten zu unterstützen: "Deutschland sollte konkret beim Aufbau von Flüchtlingseinrichtungen vor Ort untersützen - mit Technischem Hilfswerk und unseren erprobten Hilfsorganisationen."
"Bundesregierung hat versagt"
Zara Kiziltas, Bundestagskandidatin der Linken im Wahlkreis Heidelberg, kritisiert in einer Pressemittelung die Bundesregierung für ihre Fehleinschätzung der Lage und das zögerliche Vorgehen: "Die Bundesregierung hat die Situation in Afghanistan über Monate falsch bewertet - trotz deutlicher Hinweise aus der Deutschen Botschaft in Kabul. Es ist offensichtlich, dass die Regierung die Zahl der afghanischen Ortskräfte geringhalten möchte." Kiziltas ist der Meinung, dass spätestens mit den Plänen zum Abzug der Bundeswehr auch Pläne für die Evakuierung der Ortskräfte hätten erstellt werden müssen. "Das Versagen der Bundesregierung wird vielen Menschen das Leben kosten", schreibt die Linken-Politikerin.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Den Soldaten schuldig