Ladenburg. Was wäre der Tourismus in der alten Römer- und Mittelalterstadt Ladenburg ohne den Heimatbund? Der 1926 gegründete Geschichts- und Brauchtumsverein stemmt nicht nur ehrenamtlich Aufsichtsdienste im städtischen Lobdengau-Museum und im Carl-Benz-Haus, sondern bietet unter anderem auch allgemeine Stadtführungen in mehreren Sprachen und zu verschiedenen Aspekten der mehr als 1900-jährigen Stadtgeschichte an. Jetzt hat der Verein wieder Hausschilder für zwei weitere Kulturdenkmäler in der historischen Altstadt anfertigen lassen. Diese enthalten Informationen über den früheren Adelssitz Kettenheimer Hof und das mehr als 400 Jahre alte Gasthaus „Zum Güldenen Stern“. Das ist für Besucher und Einheimische gleichermaßen interessant.
Neue Infotafeln: Heimatbund macht Ladenburgs Sehenswürdigkeiten erlebbar
Die Infotafeln an jenen Gebäuden lassen ins 16. Jahrhundert eintauchen, als der Kettenheimer Hof (Mühlgasse 7) erstmals urkundlich erwähnt wurde. Benannt nach dem kurpfälzischen Zeugmeister Philipp von Kettenheim als damaligem Besitzer, geht die Hofanlage mit Wappen und Jahreszahl 1610 am hofseitigen Portalgewände jedoch schon in die Zeit der Stadterweiterung um 1200 zurück. Damals erhielten nämlich Angehörige des Dienstadels der in Ladenburg mitregierenden Wormser Bischöfe Grundstücke in der karolingischen Kernstadt und auf dem Gelände vor der alten Stadtmauer. Sie sollten dort eine neue Stadtmauer errichten und unterhalten. So entstanden mehrere Adelssitze, wobei der Kettenheimer Hof „bis heute Rang und Reichtum seiner einstigen Besitzer erkennen lässt“. Die später erneuerten Hauptgebäude stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Kettenheimer Hof: Historisches Gebäude in Ladenburgs Altstadt
Es waren Lutheraner, die im ehemaligen Stall (heute Mühlgasse 7) eine Kirche einweihten. Später kam vorübergehend ein Kirchturm hinzu. Das heutige Haus Nummer 9, das einst zum Anwesen gehörte, bauten die protestantischen Kirchenleute zum Schulhaus mit Lehrerwohnung um. Mit der Union der Evangelischen Kirchen in Baden 1821 wurde das Anwesen zur landwirtschaftlichen Nutzung an privat verkauft und der Turm abgerissen. Heute ist dort die Familie von Martina und Stefan Pfister mitsamt ihrem Kulturverein Kettenheimer Hof ansässig. Das benachbarte Gebäude diente bis 1854 als evangelische Mädchenschule. Dass sich in der Nummer 9 später einmal eine Äppelwoistubb befand, steht jedoch nicht auf der schwarz lackierten und dann abgeriebenen Heimatbund-Tafel aus unverwüstlichem Aluminium-Sandguss mit weißer Schrift. Denn die gemäß Altstadtsatzung gerade noch zulässige Größe der Schilder erfordert es, Informationen so knapp wie möglich zu halten. Auch für eine englische Übersetzung ist deshalb leider kein Platz.
Rund 20 solcher Schilder hat der Heimatbund in den vergangenen Jahrzehnten an historischen Gebäuden angebracht. Vor den jüngsten beiden zuletzt 2021 am früheren Dienstadelssitz Botzheimer Hof (Schulstraße). Seit fünf Jahren hängt ein Schild an der Alten Kochschule (Lustgartenstraße). Auch der stattliche Fachwerkbau des Neunhellerhauses am Marktplatz ist beschildert. Gegenüber macht der Heimatbund bereits seit 2013 aufs Wohnhaus des ehemaligen Ladenburgers Johann Christoph Sauer aufmerksam, der 1743 in den USA die erste deutsche Bibel druckte. Die Heimatbund-Vorsitzende Carola Schuhmann weiß: „Wer gerne Städte besichtigt, schätzt gut aufbereitete Informationen an Sehenswürdigkeiten.“ Deshalb habe Vorstandskollege Ulrich Erhardt jene neuen Schilder konzipiert, die für rund 4000 Euro hergestellt wurden. Bereits Schuhmanns Vorgängern lag diese Daueraufgabe am Herzen. „Die Eigentümer sind immer sehr kooperativ“, sagt Schuhmann.
Gasthaus „Zum Güldenen Stern“: Älteste Gaststätte in Ladenburg entdecken
Die zweite der beiden jüngsten Hinweistafeln führt an die Hauptstraße 65. Das Gasthaus „Zum Güldenen Stern“ befindet sich an der ehemals zentralen Wegesachse durch die Stadt. Als Herberge unter jenem Namen erstmals 1598 urkundlich erwähnt, handelt es sich „wahrscheinlich um die älteste Gaststätte in Ladenburg“. Bei Denkmalpflegern hat das Gebäude „hohen exemplarischen und dokumentarischen Wert als eines der stattlichen Gast- und Bürgerhäuser an der Hauptstraße“. Mit seinem großen Hof, wo bis 1975 noch zwei Scheunen standen, erinnert es daran, dass in der früheren Ackerbürgerstadt die meisten Handwerker und Wirte im Nebenerwerb auch Landwirtschaft betrieben.
Was die Menschen in früheren Zeiten alles durchmachten, belegt die weitere wechselvolle Geschichte des Anwesens: Im andernorts noch wesentlich furchtbarer wütenden Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) zerstört, wurde es erst 1686 vom damaligen Sternwirt wieder aufgebaut. Doch welcher Schicksalsschlag: Bereits sieben Jahre später kam es im sogenannten Orléans’schen Krieg um die pfälzische Erbfolge zur erneuten Zerstörung. Als Reaktion auf vorrückende alliierte Mächte verwüsteten französische Truppen systematisch die Pfalz und angrenzende Gebiete. Ganze Städte wie Speyer, Mannheim und Heidelberg wurden damals verwüstet. Erst danach erhielt das Stern-Anwesen seine heutige Form mit massivem Erdgeschoss und Fachwerk sowie Giebel im Obergeschoss. Das geschmiedete Wirtshausschild stammt aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Auch das verrät die Tafel.
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