Interview

MLP-Gründer Lautenschläger: „Hätte ich keinen Fahrradhelm aufgehabt, wäre ich tot“

Weil die Unfallzahlen mit Beteiligung von Fahrrädern rasant ansteigen, hat die Polizei bundesweit eine Werbekampagne für Fahrradhelme gestartet. Manfred Lautenschläger ist Botschafter der Kampagne. Er weiß, wovon er spricht

Von 
Bernhard Zinke
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Nach seinem Radunfall und wegen seines Alters fährt Manfred Lautenschläger nicht mehr Rennrad. Die Rolle als Helm-Botschafter hat er sehr gerne übernommen. © Marcus Oehler

Rhein-Neckar. Mit einer landesweiten Kampagne wirbt die Polizei im Südwesten bei Radlern, einen Helm zu tragen. Die Unfallzahlen seien im ersten Halbjahr um mehr als 20 Prozent im Vergleich zu 2021 gestiegen. Prominenter regionaler Botschafter der Kampagne ist neben Hoffenheim-Torwart Oliver Baumann, Kabarettist Franz Kain und Moderatorin Tina Babbel MLP-Gründer Manfred Lautenschläger.

Herr Lautenschläger, Sie hatten im Juli 2019 bei einer Radrundfahrt für wohltätige Zwecke einen schweren Unfall mit dem Fahrrad und sich dabei Ellbogen, Hüfte und Oberschenkelhals gebrochen. Wie geht es Ihnen heute?

Manfred Lautenschläger: Mir geht es heute wunderbar. Ich war nach sechs bis acht Wochen wieder beweglich, obwohl ich einen doppelten Beckenbruch und einen Splitterbruch im Ellbogen hatte. Ich wurde sechs Stunden lang hervorragend in der Orthopädie in Schlierbach operiert. Hilfreich war bei der Genesung sicher, dass ich mein Leben lang Sport getrieben habe.

Sie haben bei der Benefiz-Radtour, die Sie ja selbst mit ausgerichtet haben, einen Helm getragen. Hat der noch Schlimmeres verhindert?

Lautenschläger: Wenn ich bei dem Sturz auf den Kopf gefallen wäre und keinen Helm aufgehabt hätte, wäre ich tot gewesen.

Zahl der Radunfälle steigt

  • Steigende Unfallzahlen mit Beteiligung von Radfahrern alarmieren die Verkehrsexperten landesweit. Das Innenministerium in Stuttgart meldete im ersten Halbjahr 20 Prozent mehr Unfälle als im Vorjahreszeitraum.
  • An jedem vierten Unfall war demnach ein Elektrofahrrad beteiligt.
  • Die Zahl der getöteten Radfahrer stieg von 25 auf 31. Von den getöteten Fahrradfahrern waren fast 75 Prozent mit einem Elektrofahrrad unterwegs.
  • Mehr als die Hälfte der Unfallfahrer trugen keinen Helm.
  • Eine bundesweite Kampagne wirbt unter dem Slogan „#KopfEntscheidung“ bei Fahrradfahrern dafür, einen Helm zu tragen. In Baden-Württemberg lautet der Slogan „#Helmdrauf“. 

Sie fahren heute immer noch Fahrrad?

Lautenschläger: Nein. Ich werde im Dezember 84. Ich hatte ohnehin geplant, nach 40 Jahren das Rennradfahren aufzugeben, weil’s halt doch nicht ungefährlich ist. Und ich wollte mir in meinem Alter keine weitere Sechs-Stunden-Operation antun. Ich fahre jetzt auf dem Ergometer.

Im Rennradsport ist man sehr schnell unterwegs. Haben Ihrer Beobachtung nach Rennradfahrer einen Helm auf?

Lautenschläger: Mittlerweile die meisten. Bei mir hat’s allerdings auch eine Weile gedauert, bis ich einen getragen habe. Die meisten Helme früher waren viel schwerer als die heutigen Modelle. Da entstand im Sommer ein Hitzestau drunter. Aber heute sind die Helme leicht und trotzdem wirksam. Es ist fast ein Spaß, sie aufzuhaben.

Laut Polizei trägt mehr als die Hälfte der Radfahrer keinen Helm. Was halten Sie davon?

Lautenschläger: Wer auf dem Rad keinen Helm trägt, spielt mit seinem Leben. Die Politik in Berlin hat beschlossen, dass der seitliche Abstand des motorisierten Verkehrs zu Fahrrädern zwei oder 1,5 Meter betragen muss. Da kann ich aus Erfahrung nur sagen: Für die Hälfte wäre ich dankbar gewesen. Die Autos rauschen meistens ganz knapp an einem vorbei. Da muss man eigentlich wissen, was man sich antut, wenn man ohne Helm fährt.

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Wie kam’s dazu, dass Sie sich als Botschafter der Kampagne zur Verfügung gestellt haben?

Lautenschläger: Die Polizei kam auf mich zu und wollte Prominente für die Kampagne gewinnen. Ich fühle mich geschmeichelt, dass ich neben Menschen wie Torhüter Oliver Baumann als prominent gelte. Fußballer sind heute ja nun wirklich prominenter als unsereins.

Wie kann man Menschen davon überzeugen, auf dem Fahrrad einen Helm zu tragen?

Lautenschläger: Ich denke, dass Aktionen wie diese schon hilfreich sind. Man muss mehr über die Gefahren aufklären, in Zeitung, Fernsehen und sozialen Medien. Da geschieht leider noch zu wenig.

Würden Sie sich für eine verbindliche Helmpflicht aussprechen?

Lautenschläger: Eine Pflicht zum eigenen Schutz des Menschen ist immer etwas problematisch. Wir haben ja auch die Gurtpflicht beim Auto eingeführt. Das war ein Segen, aber es wurde lange und vehement bekämpft.

Elektrofahrräder sind leider sehr häufig an tödlichen Unfällen beteiligt. Da wäre der Helm doch unbedingt nötig, oder?

Lautenschläger: Absolut. Elektrofahrräder fahren ja häufig auch ältere Menschen, die in ihren Reaktionen eingeschränkt sind und das Tempo der Räder oft unterschätzen.

Wie lautet ihr Appell an alle Nicht-Helmträger?

Lautenschläger: Denk daran, dass beim Fahrradfahren die Unfallquote hoch ist. Auch dir kann passieren, dass du beim Unfall mit dem Kopf aufschlägst. Du musst dir darüber klar sein, dass ohne Helm ein Schädelbruch ganz schnell passieren kann. Beim Auto gibt’s ja auch Gurt und Airbag, die das Schlimmste verhindern. Deshalb: Helm drauf!

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