Mannheim. Wenn es um Rückenwind für Top-Leistungen aus dem „Ländle“ geht, kennt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kein Lagerdenken. Das zeigt sich am Samstag, als der Schwabe im Schloss den Cheftrainer des südbadischen Fußballerstligisten SC Freiburg, Christian Streich, und 22 andere Persönlichkeiten mit dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg ehrt. „Ich habe ihm gerade ins Ohr geflüstert, dass er morgen gewinnen muss“, verrät Kretschmann vor etwa 200 Gästen, nachdem er Streich den Orden angeheftet hat. Er selbst ist bekennender Fan des abstiegsbedrohten VFB Stuttgart.
Ausgezeichnet werden auch vier Menschen aus der Metropolregion: die Professoren Udo Dahmen (71) und Hubert Wandjo (70) vom Gründungsteam der bundesweit einzigartigen Popakademie, die bald ihr 20-jähriges Bestehen feiert, die Stifterin Gerda Tschira (79), die unter anderem den Bau des Kindertumorzentrums in Heidelberg fördert und dort vor 25 Jahren das Carl-Bosch-Museum gründete, sowie der Heidelberger Seniorprofessor Hugo Katus (71), der mit einem Test zur schnelleren Herzinfarkt-Diagnose laut Kretschmann „unzähligen Menschen“ das Leben gerettet hat.
Hohe Ehre
- Der Verdienstorden ist die höchste Auszeichnung des Landes Baden-Württemberg und wird vom Ministerpräsidenten verliehen.
- Geehrt werden damit herausragende Verdienste um das Land, vor allem in politischer, sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht.
- Kandidaten können bei Bürgermeister- und Landratsämtern oder beim Ministerpräsidenten vorgeschlagen werden.
- Die Zahl der lebenden Ordensträger ist auf 1000 begrenzt.
„Ich bin immer wieder beeindruckt, wofür sich Menschen einsetzen, wie innovativ sie sind, wie viel Zeit und Arbeit sie investieren für unser Gemeinwesen und für ihre Mitmenschen, aber auch zur Lösung aktueller Probleme und für den Fortschritt aller“, sagt der Landesvater, bevor er die Orden verleiht. Die Auserwählten seien die besten Beispiele dafür, dass Freiheit und Verantwortung zusammengehörten. „Sie nutzen ihre Freiheit, ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten, erheben ihr Wort, engagieren sich und geben ihr Bestes. Sie ragen heraus in dem, was Sie tun.“
Popakademie-Veteranen werden geehrt
Die Popakademie-Veteranen Dahmen und Wandjo hätten bewiesen, dass Popkultur und akademische Ausbildung „höchst erfolgreich“ kombiniert werden könnten. Dahmen, einer der profiliertesten Schlagzeuger Deutschlands, habe zunächst an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater Rock, Pop und Jazz als Ausbildungsinhalte etabliert, bevor er in Mannheim als Künstlerischer Direktor und Geschäftsführer der neuen Hochschule das Studienangebot im Bereich Populäre Musik entwickelt habe. Wandjo, Betriebswirt, Gitarrist und bis September 2022 Geschäftsführer der Popakademie, habe seine Erfahrung als Geschäftsführer internationaler Musik-Labels eingebracht und zudem als Leiter des Fachbereichs Musik- und Kreativwirtschaft gewirkt. Sie hätten die Akademie zu einem „Kompetenzzentrum für Popkultur und Musikwirtschaft“ gemacht, dessen Absolventen „eine solide Basis“ für eine berufliche Zukunft erhielten, etwa als Musiker.
„Mit außerordentlicher Hingabe und sehr hohem persönlichen Einsatz“
Gerda Tschira, Witwe des SAP-Mitgründers Klaus Tschira, engagiere sich seit Jahrzehnten „mit außerordentlicher Hingabe und sehr hohem persönlichen Einsatz“ als Stifterin, so Kretschmann. Sie unterstütze die Universität Heidelberg und helfe mit ihrer Stiftung Odwin gGmbH, wo Hilfe nötig sei. Kretschmann erwähnt ihre Hilfe für unverschuldet in Not geratene Kinder und Familien und den Frauennotruf Heidelberg. Über Prof. Katus sagt er, es gebe wohl nur wenige Menschen, die von sich behaupten könnten, sie hätten ein Gebiet revolutioniert. „Sie, Herr Professor Katus, gehören dazu.“ Sein Test zur Herzinfarkt-Diagnostik sei zum weltweiten Standard geworden. Katus, der lange Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Uniklinikum Heidelberg war, gehöre „zu den meistzitierten Forschern weltweit“. Aktuell ist er mit dem Aufbau des Heidelberger Herzzentrums beschäftigt.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Prof. Katus freut sich - und ist stolz auf den Test, der die Medizin so verändert habe „wie das EKG damals“. Als „sehr wertschätzend“ empfindet Prof. Wandjo die Ehrung. Prof. Dahmen berichtet, dass die Absolventen der Popakademie bislang 36 große Auszeichnungen erhalten haben, was ihn stolz mache. Stifterin Gerda Tschira sagt, sie sei ihrem Mann sehr dankbar, denn „ich hätte es sonst ja nicht machen können“.
Streich, der Kretschmann zufolge für einen attraktiven Fußball und eine weltoffene Gesellschaft steht, ist der Star der Stunde, viele Gäste und Mit-Ordensträger wollen ihn sprechen und ein Foto mit ihm. Woran liegt es? Weil er wegen des Fußballs jede Woche im Fernsehen sei, sagt Streich. „Wenn jetzt die anderen Herren immer gefilmt würden, dann wären die halt bekannt“, so der Südbadener. Die aus Stuttgart stammende Schauspielerin Natalia Wörner wird unter anderem als ehrenamtliche Botschafterin der Kindernothilfe geehrt, wegen Corona mit dreijähriger Verspätung, wie sie sagt.
Wurde bei der Auswahl auf eine gleiche Verteilung von Schwaben und Badenern geachtet? Nein, sagt Kretschmann. „Es ist schon hart genug, Frauen und Männer einigermaßen hinzubekommen.“ Das andere müsse man nicht mehr berücksichtigen, das Land sei zusammengewachsen. „Man kann davon ausgehen, dass sich das ausmendelt.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-ministerpraesident-kretschman-sie-ragen-heraus-_arid,2076173.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html