Landau. Wegen quälerischer Misshandlung von Wirbeltieren ist eine Veterinärin aus der Südpfalz zu neun Monaten Haft ohne Bewährung, vier Jahren Tierhalteverbot und drei Jahren Berufsverbot verurteilt worden.
Vor dem Landgericht Landau herrschte dichter Andrang, als die wegen Tierschutzverstößen angeklagte Veterinärin aus der Südpfalz im Berufungsprozess den Saal betrat. Viele Zuschauer bekamen keinen Platz mehr, was den Start der Verhandlung am Morgen verzögerte. Wie berichtet, war die 52-Jährige Ende April in ihrem Haus in Frankreich vorübergehend festgenommen worden. Die französischen Behörden ermittelten ebenfalls wegen Tierschutzverstößen sowie verbotenem Arbeiten. In Landau kämpfte die Tierärztin gegen eine drohende Haftstrafe. Sie war im vergangenen Herbst vom Amtsgericht Landau zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil sie 43 Hunden und Katzen sowie drei Kängurus erhebliche Leiden zugefügt haben soll. Die verwahrlosten Tiere waren bei einem Polizeieinsatz aus zwei leerstehenden Häusern befreit worden.
In ihrem Schlusswort berichtete die als „Messie-Tierärztin“ bekanntgeworden Veterinärin von Weinkrämpfen geschüttelt über Drohanrufe, Attacken von Tierschützern sowie über die „massive Hass- und Hetzkampagne“ in den sozialen Netzwerken, der sie seit Bekanntwerden der Vorwürfe ausgesetzt sei. „Es ist ein irrer Terror“. Praktizieren wolle sie nie wieder: „Ich werde bei meiner Mutter bleiben und Frührente beantragen.“ Ihre Rechnungen wolle sie mit der Miete aus den Häusern in der Südpfalz sowie der Praxis bezahlen, „die Verhandlungen laufen“.
Zuvor hatte Verteidiger Christian Süß eine Bewährungsstrafe gefordert. „Hier geht es nicht um einen Tierquäler, dem es Spaß macht, armen Kreaturen Leiden zuzufügen. Die Intention meiner Mandantin war es immer, Tieren zu helfen.“ Nach der schmerzhaften Trennung von ihrem Partner, der sie mit einer Praxisangestellten betrogen habe, sei sie mit der Situation völlig überfordert gewesen. Die „erheblichen Leiden“, die das Amtsgericht seinem Urteil zugrundegelegt hatte, wollte der Rechtsanwalt nicht so stehen lassen. „Die Hunde und Katzen waren zwar dreckig, aber wohlgenährt. Kurz nach der Befreiung war wieder alles in Ordnung und die meisten Tiere sind vermittelt worden. Man kann also nur von marginalen Auswirkungen sprechen.“ Dass die Veterinärin ähnliche Taten begehen könnte, schloss Süß aus: „Sie möchte nicht mehr als Tierärztin arbeiten und ein neues Leben anfangen.“ Der Konflikt mit der französischen Justiz betreffe in ihrem Fall lediglich Vorwürfe wegen verbotenem Arbeiten im Nachbarland. Eine Untersuchungshaft habe es nicht gegeben. Sie sei nach einem Polizeieinsatz zur Befragung mitgenommen und am nächsten Morgen wieder freigelassen worden. In der kommende Woche gebe es einen erneuten Vernehmungstermin, „den sie natürlich wahrnimmt.“ „Wegen illegalem Welpenhandel wird nur gegen ihre Freundin ermittelt, das darf man meiner Mandantin nicht zum Vorwurf machen.“
Oberstaatsanwältin Anne Herrmann wich in ihrem Antrag nicht von der verhängten Gefängnisstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie einem Tierhalteverbot von vier Jahren und einem Berufsverbot von drei Jahren ab. „Obwohl Sie hier zum ersten Mal Reue und Gefühlsregungen gezeigt haben, hat sich nichts geändert. Es ist offenbar ein Wesenszug von Ihnen, sich mit zurechtgebogenen Wahrheiten durchs Leben zu schwindeln.“ Im laufenden Berufungsverfahren seien sogar Zeugen zu Falschaussagen bewegt worden. „Die müssen jetzt mit juristischen Konsequenzen rechnen.“ Zudem habe sich die Tierärztin vom verhängten Berufsverbot bislang nicht beeindrucken lassen. Noch vergangene Woche habe es Hinweise von Zeugen gegeben, dass sie in ihrer alten Praxis, die jetzt ein angestellter Veterinär führt, immer noch Tiere behandle. „Die Angeklagte ist relativ immun gegen alles, was vom Staat kommt“, betont Herrmann, die nicht an eine positive Sozialprognose glaubt. So habe sich die 52-Jährige einige der beschlagnahmten Hunde mit fingierten Verträgen über Mittelsmänner zurückgeholt. Ein Tier lebe nun in dem Haus in Frankreich.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-messie-tieraerztin-zu-haftstrafe-und-berufsverbot-verurteilt-_arid,1452257.html