Rhein-Neckar. Können immer weniger Menschen richtig schwimmen? Schon wieder ist am frühen Sonntagabend gegen 18 Uhr ein junger Mann in einem See ertrunken. Der 22-Jährige ist im Niederwiesenweiher bei Böhl-Iggelheim plötzlich untergegangen. Nach seiner Bergung aus dem Wasser starb er Stunden später im Krankenhaus. Wie am Montag auf dieser Seite berichtet, hatte es am Wochenende in der Region noch zwei weitere Todesfälle an Badeseen im badischen St. Leon-Rot und im südhessischen Groß-Rohrheim gegeben, wo am Samstag ein Nichtschwimmer ertrunken ist. Eine rein zufällige Häufung?
Für die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) könnten viele dieser Fälle verhindert werden. Eine dramatisch höhere Anzahl an Unglücken verzeichnet sie zumindest in der Pfalz und im Rhein-Neckar-Kreis aber nicht. Bis zur jährlichen Zwischenbilanz der DLRG am 21. Juli waren in diesem Jahr sieben Badetote in Rheinland-Pfalz bestätigt. Seitdem habe es drei weitere Fälle gegeben, sagt Marco Vogt, Sprecher des dortigen DLRG-Landesverbandes. Im gesamten Jahr 2019 waren es zehn Tote – so wenige wie in den vorangegangenen 20 Jahren nicht. In Baden-Württemberg sind laut DLRG bisher mindestens 23 Menschen ertrunken. 2019 waren es 30 Personen bis zum Saisonende.
Während in vielen anderen Bundesländern sinkende Fallzahlen zu verzeichnen sind, sind in Hessen in den ersten sieben Monaten dieses Jahres mindestens 18 Menschen ertrunken – 14 mehr als 2019. Grund dafür sei unter anderem das verhältnismäßig bessere Wetter in Hessen.
Verbotsschilder helfen kaum
Zu beobachten ist in allen Bundesländern, dass die meisten Unfälle sich in Seen und Flüssen ereignen. Eine Gefahr, auf die der Präsident der DLRG bereits im März bei der Veröffentlichung der Statistik 2019 hingewiesen hat: „Binnengewässer führen leider noch immer die Ertrinkungsstatistiken an, denn sie werden in den seltensten Fällen von Rettungsschwimmern bewacht“, erklärte Achim Haag. Die DLRG berate Gemeinden gerne und stelle auch Rettungsschwimmer zur Verfügung. Seiner Ansicht nach helfen Verbotsschilder alleine nicht, die Gewässer müssten bewacht werden. Doch viele Menschen haben in diesem Sommer die Freibäder vor der aktuellen Hitzewelle gemieden, sagt Vogt von der DLRG Rheinland-Pfalz.
Während der Corona-Pandemie sind viele Schwimmbäder auf ein Online-Anmeldesystem umgestiegen, um die zugelassene Gästeanzahl nicht zu überschreiten. Für einige ist das zu umständlich. „Also suchen sich die Menschen andere Möglichkeiten“, sagt Vogt.
Häufig seien das dann Flüsse oder andere unbewachte Bademöglichkeiten. Um all diese Zugänge zu Gewässern zu bewachen, fehlten allerdings Personal, Geld und Zeit. Die Arbeit der DLRG ist immerhin ehrenamtlich. „Wir können Seen aber auch nicht einfach absperren“, sagt Kornelia Barnewald, Sprecherin des Rhein-Pfalz-Kreises. „Sie sind frei zugänglich.“ Deshalb behelfen sich die Gemeinden mit Verbots- und Achtsamkeitsschildern. „Obwohl wir regelmäßig auf die Gefahren aufmerksam machen, ertrinken jedes Jahr Leute im Rhein und im Altrhein“, so Barnewald. Selbst mit Sicherheitsdienst würden die Menchen Wege finden, an unbewachten Stellen ins Wasser zu gehen.
Vogt sagt: „Badegäste sollten zu jeder Zeit aufmerksam sein.“ Hat jemand offensichtlich Probleme, sich über Wasser zu halten, taucht ab oder bekommt schlecht Luft, dürfe dies nicht ignoriert werden. „Nichts ist schlimmer als nichts zu tun, aber hinterherspringen sollten nur Rettungsschwimmer“, rät er. Oft könne man schon helfen, indem man der Person einen Gegenstand zuwerfe, an dem sie sich festhalten kann.
Im Falle des 22-Jährigen kam am Sonntag jede Hilfe zu spät. Ein Hubschrauber war im Einsatz, aber gegen 22 Uhr war der Kampf um sein Leben verloren. Die Ermittlungen zu den genauen Todesumständen dauern laut Polizei an.
Wo Schwimmen erlaubt ist
- Eine Online-Übersicht offizieller Badeseen bietet jedes Bundesland.
- Hessen: https://badeseen.hlnug.de/
- Rheinland-Pfalz: https://badeseen.rlp-umwelt.de/servlet/is/36383/
- Baden-Württemberg hat bewachte Badeseen nach Stadt- und Landkreisen aufgelistet: www.lubw.baden-wuerttemberg.de/wasser/interaktive-karte
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