Mannheim/Langen. Hessen verliert sein bislang einziges Drei-Sterne-Restaurant, Baden-Württemberg bekommt einen weiteren Drei-Sterne-Koch hinzu: Juan Amador überraschte die Gastronomie-Szene, als er vor einigen Tagen (wir berichteten) bekanntgab, er schließe seine kulinarische Wirkungsstätte im südhessischen Langen und wechsele in sein bisheriges Zweit-Restaurant "Amesa" nach Mannheim.
Amador zählt zu den populärsten und am höchsten ausgezeichneten Köchen Deutschlands. "Im Fachwerkhaus in Langen wurde uns alles zu klein", sagt Amador im Gespräch mit unserer Zeitung, "es gab dort nur zehn Tische für 26 Gäste." Das "Amesa" habe viel mehr Platz und damit die betriebswirtschaftlich notwendige Größe für ein Spitzenlokal. Amador verschweigt aber auch nicht, dass er in Langen vor allem das Krisenjahr 2009 gespürt habe.
Eigentlich hätte der 42-Jährige schon vor zwei Jahren nach Mannheim an den Herd gehen sollen. Der renommierte Heidelberger Gesichtschirurg Joachim Mühling hatte die ehemalige Schildkröt-Fabrik im Stadtteil Neckarau erworben, um dort seine weltweit größte Privatsammlung von Werken des Künstlers Anselm Kiefer unterzubringen. Mühling gewann Amador zwar als Patron für das neue Restaurant im alten Backstein-Gebäude, doch der Vorreiter der avantgardistischen Küche in Deutschland war an bestehende Verträge in Langen gebunden. Noch bevor das "Amesa" eröffnet wurde, starb Mühling.
Top-Küche in der alten Schildkröt
Amadors langjährige Souschefin in Langen, Caroline Baum, übernahm die Regie im "Amesa" und wurde sogleich mit einem Michelin-Stern belohnt - und bereits mit Aussicht auf den zweiten. Nun wird sie wieder Amadors Stellvertreterin, wenn der Schwabe mit spanischen Wurzeln nach einer kurzen "Kreativpause" Anfang September das neue Stammhaus in Mannheim eröffnet. Dass sie wieder ihrem alten Küchenchef zuarbeiten muss, mache ihr nichts aus, versichert Amador. "Im Gegenteil, das sieht sie sehr entspannt, fast schon erlösend." Der enorme Druck sei damit von der 29-Jährigen gefallen. Er sei ihr dafür dankbar, dass sie bei ihm bleibe.
Baum interpretiert im "Amesa" klassische Gerichte auf moderne Art. Im Prinzip machte dies Amador, der sich immer dagegen wehrte, "Molekularkoch" genannt zu werden, auch in Langen, setzte neueste Technologie ein, um traditionellen Speisen kreative Raffinesse zu verleihen. Seine Menüs bestanden aus bis zu 30 Teilen. "Diese Zeiten sind vorbei, ich kann's auch nicht mehr essen." Künftig soll "weniger mehr sein", sagt Amador, der sich noch mehr auf Produkte und Aromen konzentrieren will. "Die Technik wird nicht mehr so im Vordergrund stehen."
Amador gilt als einer der umtriebigsten Köche der Republik. Vorbilder sind für ihn der französische Star-Koch Alain Ducasse oder der Brite Gordon Ramsay, die ein Netz von Filialen über die Welt gespannt haben. Auch Amador will expandieren. Für den Aufbau einer "multinationalen Gourmet- und Luxusmarke" hat er eigens eine Aktiengesellschaft gegründet. In Bukarest berät er das Restaurant "Heritage by Juan Amador", im Herbst wird in Abu Dhabi ein weiteres Lizenz-Restaurant für die Rotana-Hotelgruppe entstehen. Und Ende dieses Monates werde er aller Voraussicht nach bei einem anderen Partner Verträge für Bangkok, Singapur und New York unterschreiben, kündigt Amador an.
"Ich will keinen Herzinfarkt"
"Für mich war es bisher stressiger, zwischen meinen Wirkungsstätten in Frankfurt, Langen und Mannheim hin und her zu rasen, als in den Flieger zu steigen und mich mit meinen Küchenchefs vor Ort abzusprechen." Das erklärt, weshalb Amador schon einige Male seinen Führerschein verloren hat, wie er zugibt. Bei den Objekten im Ausland stehe er, anders als in den Restaurants, die er selber führe, nicht täglich in der Pflicht. "Ich habe mich gefragt", sagt Amador, "ob ich mit 45 einen Herzinfarkt bekommen will oder keinen. Ich habe mich entschieden, dass ich keinen will."
Auch wenn er künftig zwischen Abu Dhabi und New York pendeln wird - Amador will sich so gut wie täglich im "Amesa" zeigen. "Das 'Amesa' wird Herzstück aller meiner Aktivitäten." Und er werde natürlich nach Mannheim ziehen, versichert er, "Mannheim wird definitiv der Mittelpunkt meines Lebens sein." Die Quadratstadt soll ihr erstes Drei-Sterne-Restaurant bekommen. "Wir werden alles dafür tun, dass wir die drei Sterne auf jeden Fall wieder bekommen - ob schon in diesem Jahr oder im nächsten." So würden statt drei bis vier Mitarbeiter künftig zehn bis zwölf in der Küche stehen.
Der Ehrgeiz ist vorhanden, der Einsatz hoch. Was es bedeutet, ganz oben in der Liga mitzuspielen, zeigt die Statistik: Weltweit sind derzeit nur 87 Köche mit drei Sternen ausgezeichnet, in Deutschland neben Amador lediglich acht.
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