Rhein-Neckar. Berührende Begegnungen mit der deutschen Geschichte, 20 Tage im Fahrradsattel und 2500 Kilometer rund um Ost-Deutschland liegen hinter Karsten Drath, der seit 2018 einmal jährlich Zelt und Outdoor-Ausrüstung einpackt, um radelnd Spenden für die zis-Stiftung zu sammeln. Die Nonprofit-Organisation vergibt Reisestipendien an junge Menschen, die sich ein Thema aussuchen und allein losziehen, um es im Ausland zu bearbeiten. Die Bandbreite reicht vom wissenschaftlichen Walfang in Island bis zur Erforschung des Blues in Norwegen.
„Man muss mit 600 Euro vier Wochen bestreiten, das macht erfinderisch. Außerdem gilt es, Leute anzusprechen und um Hilfe zu bitten“, erzählt Drath, der vor 30 Jahren selbst mit zis nach Schottland und später Island gereist ist: „Das hat mein Leben geprägt.“ In elf Etappen will der Meckesheimer auf seiner Fundraising-Reise einmal um die Welt radeln. Der dritte Abschnitt sollte 2020 eigentlich durch Kanada führen. Wegen Corona hat Drath umgeplant und Ostdeutschland umrundet. „Weil ich hier der eigenen Geschichte sehr intensiv begegnet bin, war diese Reise aufwühlender als andere“, erzählt er. Über manche Dinge komme er gar nicht hinweg. So sei er an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze Mahnmale abgefahren: „Die Geschichte von Michael Gartenschläger hat mich sehr berührt. Um die Propaganda der DDR zu entlarven, hat er zwei Selbstschussanlagen abmontiert und an den ,Spiegel’ geschickt. Beim Versuch, eine dritte abzubauen, ist er getötet worden – getroffen von 120 Schüssen aus den Gewehren seiner eigenen Landsleute.“
Auch von der Infrastruktur in den Dörfern entlang der polnischen Grenze sei er teilweise schockiert gewesen: „Ich bin mit offenen Augen durch die Provinz geradelt und mit vielen Leuten ins Gespräch gekommen. Aber ich habe auch eingestürzte Häuser, nicht geteerte Straßen, geschlossene Läden und Ortschaften ohne junge Menschen erlebt. Dass man sich da abgehängt fühlt, kann ich verstehen.“ Sogar auf dem 800 Kilometer langen Radweg entlang der Grenze gebe es kaum Infrastruktur. „Da kommt vielleicht alle 80 Kilometer ein Kiosk.“ Deshalb hat Draths Spezialfahrrad einen weißen Wassertank, der am Rahmen montiert ist. „Er fasst vier Liter und kommt aus Australien, weil es so was hier gar nicht gibt. Aber Wasser ist auf Reisen ein knappes Gut.“
Der Unternehmer, Autor und Führungskräfte-Coach aus Meckesheim (Rhein-Neckar-Kreis) reist auch beruflich viel. „Aber das Hochgefühl, das ich erlebe, wenn ich abends vor Toreschluss gerade noch so auf einen Campingplatz reinrutsche, warm duschen und ein Bier trinken kann, habe ich in keinem Fünf-Sterne-Hotel erlebt.“
Tour nach Nowosibirsk geplant
Eigentlich hat Drath am Anfang seiner Fundraising-Tour tatsächlich in Hotels übernachtet. „Bis meine Tochter mich aus der Komfortzone geholt und mir erklärt hat, dass das kein echtes zis-Reisen ist“, verrät er. Die Kanada-Etappe will der Radler 2021 nachholen, danach stehen Moskau und Nowosibirsk auf dem Plan. „Davor habe ich ziemlich Respekt.“
Draths Blog findet man unter: https://fundraising-for-zis.blog/
Infos zur Spenden-Radtour
- Karsten Drath führt einen Blog, in dem er tägliche Updates postet.
- Mit seiner Radtour sammelt er Spenden für zis, eine Stiftung, die Stipendien für Studienreisen an Jugendliche vergibt.
- Sein Ziel ist es, Spenden für 40 Studienreisestipendien zu sammeln.
- Gespendet werden kann hier: https://betterplace.org/p67064
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