Feuerwehr

Leistungstest im Lkw

Im Ernstfall gehen die Männer und Frauen dorthin, wo es brandgefährlich ist. Einmal im Jahr müssen die Einsatzkräfte ihre Leistungsfähigkeit mit einer Belastungsübung in einer sogenannten Atemschutzstrecke nachweisen.

Von 
Bernhard Zinke
Lesedauer: 
Bislang absolvieren Feuerwehrleute des Rhein-Neckar-Kreises ihre Belastungsübungen in der Atemschutzstrecke der Heidelberger Berufsfeuerwehr. © Feuerwehr Heidelberg

Rhein-Neckar. Im Ernstfall gehen die Männer und Frauen dorthin, wo es im wahrsten Sinne brandgefährlich ist. Und das mit einer Montur, die schon mal bis zu 45 Kilo zusätzlich auf die Waage bringt. Einsätze mit Atemschutzgeräten gehören zu den gefährlichsten Tätigkeiten im Feuerwehrdienst. Deshalb gehört es zu den unabdingbaren Voraussetzungen, dass die Männer und Frauen mit der entsprechenden Ausbildung körperlich und geistig fit sind. Einmal im Jahr müssen die Einsatzkräfte zwingend ihre Leistungsfähigkeitmit einer Belastungsübung in einer sogenannten Atemschutzstrecke nachweisen.

Bislang nutzen die Feuerwehren des Rhein-Neckar-Kreises dazu die Einrichtungen der Berufsfeuerwehren in Mannheim oder Heidelberg. Sogar bis nach Walldürn im Odenwald reisen die Einsatzkräfte. Da es allein bei den 54 Gemeindefeuerwehren des Rhein-Neckar-Kreises knapp 2500 Atemschutzgeräteträger gibt, erschließt es sich leicht, dass die Termine auf den Atemschutzstrecken extrem begehrt sind. Deshalb will der Katastrophenschutz des Kreises neue Voraussetzungen schaffen, damit die Feuerwehrleute eine optimalere Aus- und Fortbildung erhalten, ihre Belastungstests ohne weite Anfahrtswege erledigen können. Es soll eine eigene Atemschutzstrecke angeschafft werden.

Eine solche Anlage steht schon lange auf der Wunschliste, sagt Kreisbrandmeister Udo Dentz im Gespräch mit dieser Redaktion. Allerdings haben die Pläne in der Corona-Pandemie eine kleine Änderung erfahren. Ursprünglich war der Plan, eine solche Atemschutzstrecke bei der Feuerwehr in Leimen aufzubauen. Doch nun steht eine weitaus flexiblere Variante auf der Tagesordnung: ein Lkw-Anhängerzug, der entsprechend ausgerüstet zu den einzelnen Gemeindefeuerwehren fahren kann. Dann können die einzelnen Wehren vor Ort die Übungspläne entspannter erstellen.

Atemschutzgeräteträger

  • Atemschutzgeräteträger müssen aus medizinischer Sicht eine körperliche Grundfitness aufweisen, eine gute Lungenfunktion haben, dürfen nicht unter Platzangst leiden sollen auch unter Stress besonnen handeln.
  • Eine arbeitsmedizinsche Untersuchung ist alle drei Jahre erforderlich, bei über 50-Jährigen jährlich.
  • Außerdem müssen Atemschutzgeräteträger jedes Jahr eine Belastungsübung in einer verdunkelten Orientierungsstrecke, auf einer Endlosleiter, einem Ergometer und/oder einem Laufband absolvieren.
  • Darüber hinaus sind Einsatzübungen und theoretische Unterweisungen erforderlich.
  • Bei den 54 Gemeindefeuerwehren des Rhein-Neckar-Kreises gibt es knapp 2500 Atemschutzgeräteträger

Auf Endlosleiter und Ergometer

Solche Lkw-Gespanne gibt es bereits, ausgerüstet von einer Fachfirma für Feuerwehr-Ausrüstung. Im vorderen Teil ist der Steuerstand untergebracht, eine Endlosleiter und ein Ergometer, im Anhänger dagegen dann die verschachtelten Drahtkörbe, durch die sich die Feuerwehrleute quälen müssen. Verrauchungsanlagen – mit unschädlichem Disconebel –, Lichteffekte und Lautsprecher für Brandgeräusche sorgen für möglichst reale Einsatzszenarien, bei denen die Männer und Frauen nicht nur ihre körperliche Fitness unter Beweis stellen, sondern auch ihre mentale Widerstandskraft.

Kosten würde ein solcher Anhängerzug genauso viel wie eine stationäre Anlage, weiß Dentz. Grob geschätzt käme die mobile Atemschutzstrecke auf rund 800 000 bis eine Million Euro. Demgegenüber steht ein enormer Bedarf an Fachleuten, die unter Atemschutzmasken Menschen retten und gefährliche Einsätze bewältigen sollen. „Auf jedem Löschfahrzeug haben wir standardmäßig vier Atemschutzgeräte dabei.“ Um diese zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzen zu können, brauche man vier Mal so viele, also 16 Atemschutzgeräteträger, pro Fahrzeug. Dentz hofft in diesem Zusammenhang, dass mit den neuen Möglichkeiten zur Ausbildung vor Ort sich vielleicht auch noch mehr junge Leute für eine solche Qualifikation begeistern lassen.

Einen weiteren Vorteil würde die mobile Atemschutzstrecke mit sich bringen: Sie bringt die Atemschutzgeräte gleich mit vor Ort und stellt sie zur Verfügung. Denn bislang bringen die Feuerwehrleute ihre eigene komplette Ausrüstung mit. Allerdings müssen die Gerätschaften nach einem Einsatz, selbst wenn es nur eine Übung war, wieder überprüft und neu hergerichtet, die Pressluftflaschen neu befüllt werden. Da kann es gerade bei kleineren Wehren schnell zu Engpässen kommen, wenn nicht genügend Gerät zur Verfügung steht. „Ein solches Konzept sichert die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren vor Ort“, erläutert Dentz den nicht ganz unerheblichen Nebeneffekt.

Grundsätzlicher Strategiewechsel

Der Ausschuss für Umwelt Verkehr und Wirtschaft, der beim Rhein-Neckar-Kreis für das Feuerwehrwesen zuständig ist, hat jetzt zumindest schon mal grünes Licht für den grundsätzlichen Strategiewechsel von einer fest installierten zur mobilen Atemschutzstrecke gegeben. Jetzt müssen die Katastrophenschützer an die Feinarbeit gehen, Detailfragen klären, ein Betriebskonzept ausarbeiten und auch die genauen Kosten klären. Wenn diese Fakten vorliegen, fällt die parlamentarische Entscheidung.

Udo Dentz hofft auf breite Zustimmung. Schließlich geht’s um die Sicherheit aller Bürger. Wie schnell es gehen kann und wie wichtig Atemschutzgeräteträger sein können, hat sich gerade erst wieder beim Dachstuhlbrand eines Hauses in Edingen-Neckarhausen gezeigt.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen