Lebensmittelkontrollen - Beschäftigte des Rhein-Neckar-Kreises hatten trotz der geschlossenen Restaurants in der Pandemie im vergangenen Jahr viel zu tun

Lebensmittel-Kontrollen in der Rhein-Neckar Region: Tote Maus hinter der Brotschneidemaschine

Von 
Michaela Roßner
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Eine tote Maus im Lager einer Bäckerei: Dass Nagetiere sich vom Getreide angezogen fühlen, ist natürlich. Aber beim Aufräumen und Putzen hätte dieses sich mumifizierende Tier auffallen müssen, betonen die Lebensmittelkontrolleure. © Landratsamt

Rhein-Neckar. Eine verwesende Maus zwischen Wand und Brotschneidemaschine, Karton im Pizzateig oder eine geöffnete Konservendose mit Bohnen unter einer Schimmelschicht: Die Lebensmittelkontrolleure des Rhein-Neckar-Kreises haben auch im vergangenen Jahr einige eklige Zustände in Restaurants, Bäckereien oder anderen lebensmittelverarbeitenden Betrieben entdeckt. 24 Betriebe wurden daraufhin geschlossen – mindestens über Nacht, damit ordentlich saubergemacht werden konnte.

Dass während der Pandemie wochenlang Restaurants geschlossen hatten, hat den Experten für Hygiene keine Langeweile beschert. Im Gegenteil: Die stark gestiegene Nachfrage nach gelieferten Speisen hat sie bei diesen Angeboten genau hinschauen lassen. „Die zeitweise Schließung von Gaststätten während der Corona-Pandemie hat nicht zu weniger Arbeit, aber phasenweise zu einer Verlagerung unserer Arbeitsschwerpunkte geführt“, erklärt der Leiter des Referats Verbraucherschutz, Rudi Wolf.

Diese Pizza wurde mit Verpackung im Teig ausgeliefert. © Landratsamt

Risikobewertung regelt Besuch

Gemeinsam mit Amtsleiterin Dominika Hagel und der Dezernentin für Ordnung und Gesundheit, Doreen Kuss, stellte Wolf am Mittwoch den Jahresbericht 2021 vor. Wie häufig die insgesamt 15 Kontrolleure, die zum Teil von Tierärzten begleitet werden, in Betrieben vorbeikommen, geht auf eine Risikobewertung zurück, erklärt Wolf: Wer bereits aufgefallen ist oder einen Betrieb mit besonders sensiblen Produkten führt, muss häufiger mit einem unangekündigten Besuch rechnen.

Nicht selten geben Konsumenten dem Amt für Verbraucherschutz einen Tipp. Dem gehen die Kontrolleure dann umgehend nach. So sei es auch im Fall einer Bäckerei im Rhein-Neckar-Kreis gewesen: Ein Kunde habe Brötchen kaufen wollen und in der „Corona“-Schlange vor der Theke gewartet. Sein Blick schweifte in die hinter dem Verkaufsraum liegende Produktion – und dort marschierten Schaben über die Ablagen. Am nächsten Morgen bekam der Brotverkäufer Besuch vom Landratsamt. „Die beschriebenen Zustände haben sich genau so bestätigt“, erinnert sich Wolf. Auch die ausgelieferte Pizza, in deren Boden ein großes Stück von der Mehltüte mit eingebacken war, wurde dem Amt gezeigt – und hatte Folgen. Der überwiegende Teil der Betriebe arbeite aber verantwortungsbewusst und müsse nicht ermahnt werden, betont auch Ralph Adameit, stellvertretender Sprecher des Rhein-Neckar-Kreises.

Stefan Fitzer vom Landratsamt misst in einer Großküche die Temperatur. © Landratsamt

Apropos Essen ins Haus: Während der Kunde sich beim Lieferbetrieb während der Pandemie kein Bild davon machen konnte, wo und wie seine Bestellung hergestellt wurde, schauten die Kontrolleure sehr genau hin. Auch bei den Herstellern der Verpackungen übrigens. Nicht lebensmittelechte Farbe etwa wäre ein Grund zur Beanstandung. Dass bei Lieferdiensten auch unwissentlich gegen das Lebensmittelgesetz verstoßen wird, sei auch der Tatsache geschuldet, dass etwa für einen Pizzadienst nur ein Gewerbe angemeldet werden muss, während eine Bäckerei oder Metzgerei einen Betriebsleiter mit Meisterbrief erfordere. Zwölf Kontrollen förderten 2021 derart gravierende Mängel zutage, dass Strafanzeigen gestellt wurden. Das bedeutet, dass die Betreiber Post vom Gericht bekommen haben und eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe verhängt wurde. Das sei etwa dann der Fall, wenn Produkte gefährlich gewesen seien – etwa weil sie verdorben und ungenießbar waren oder weil zum Beispiel Nägel darin gefunden wurden. Acht Fälle von Verstößen sind öffentlich gemacht worden. Auf der Internetseite des Rhein-Neckar-Kreises kann man aktuelle Fälle seit vier Jahren jeweils ein halbes Jahr lang nachlesen. Damit soll die Arbeit der Kontrolleure dokumentiert, aber nicht die Produzenten an den Pranger gestellt werden.

Lebensmittelüberwachung

  • Die Lebensmittelkontrolleure des Rhein-Neckar-Kreises sind für rund 8000 Betriebe zuständig: Vom Pizzabäcker über Metzgereien und Restaurants bis zu großen Produzenten.
  • Im vergangenen Jahr sind 2125 Kontrollen in 1212 Betrieben erfolgt. 2020 waren es 2317 Kontrollen in 1511 Betrieben gewesen.
  • 351 Mängelberichte gab es wegen Verstößen gegen das Lebensmittelrecht – im Vorjahr waren es 285.
  • 18 (2020: 54) Bußgeld- und zwölf (19) Strafverfahren waren die Folge.
  • 24 Betriebe wurden vorübergehend geschlossen – manche über Nacht, bis saubergemacht war, manche länger. Im Jahr davor waren es 18 Betriebe gewesen.

Jedes Jahr gibt es landesweit zusätzlich Schwerpunktaufgaben. So prüften die Experten diesmal intensiv, was im regionalen Honig steckt. Beanstandungen habe es so gut wie keine gegeben. Auch Spargel könnten wegen des hohen Preises dazu verleiten, zu tricksen. Und so haben die Prüfer wieder unter anderem „Fingerabdrücke“ in Form von chemischen Analysen von Schwetzinger Äckern genommen, um das die Stangen etwa von der Konkurrenz aus Spanien oder Marokko unterscheiden zu können.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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