Mannheim/Heidelberg. Walldorf und St. Leon-Rot (Rhein-Neckar-Kreis) proben ab Januar ein kostenloses ÖPNV-Angebot, Heidelberg beschäftigt sich intensiv damit. Doch beim Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) sieht man das Ganze eher kritisch.
Das Verbindungs- und Taktungsangebot im öffentlichen Nahverkehr zu verbessern, bringe mehr Effekte für den Klimaschutz als ein kostenloses Ticket anzubieten, betonen Christian Specht, Vorsitzender des Zweckverbandes Verkehrsverbund Rhein-Neckar (ZRN) und VRN-Geschäftsführer Volkhard Malik im Gespräch mit dieser Redaktion.
Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner hatte kürzlich mit der Partnerstadt Montpellier eine Erklärung unterzeichnet, bei der es unter anderem darum geht, sich bei der Einführung eines kostenlosen ÖPNV zu unterstützen. Damit überraschte der Stadtchef offenbar nicht nur Teile des eigenen Gemeinderats, sondern auch den Verkehrsverbund. Würzners Idee: Die Gratis-Fahrt mit Bus und Bahn soll mehr Kunden zum Umsteigen vom Auto bewegen und den Klimaschutz fördern.
Pandemie verändert Mobilität
„Der ÖPNV kostet immer Geld“, verweist dagegen Specht auf die nötige Infrastruktur wie Schienen, Haltestellen und Fahrzeuge. Walldorf und St. Leon-Rot bezahlen für den jeweils nur innerörtlichen Gratis-Verkehr ab Januar einen Ticketausfall an den Verkehrsverbund. Das sei eine rein kommunale Entscheidung.
In Mannheim, wo Specht als Bürgermeister außer für den öffentlichen Nahverkehr auch für das Thema Finanzen zuständig ist, hält die Stadtverwaltung einen kostenlosen ÖPNV schlicht nicht für finanzierbar. „Wenn höhere Instanzen wie Land oder Bund sagen, dass der kostenlose öffentliche Nahverkehr der Weg ist, um die Klimawende zu erreichen, dann werden wir nicht sagen: Da machen wir nicht mit“, erklärt Specht. Aber dann müssten Bund und Land auch für die Finanzierung sorgen. In Mannheim würde durch die Einnahmeausfälle für die Tickets ein Finanzloch entstehen, das Specht auf rund 75 Millionen Euro pro Jahr beziffert – eine Summe, die die Kommune unmöglich aufbringen könne. Der Betrag ist etwa die Hälfte dessen, was Mannheim in einem normalen Jahr für Investitionen ausgibt, zum Beispiel für die Sanierung von Schulen.
Den Verkehrsverbund plagen unterdessen gerade andere Sorgen: Die Pandemie hat offenbar das Mobilitätsverhalten der Bürger in der Region verändert. „In den ersten beiden Wellen haben uns die Kunden noch die Treue gehalten, seit der dritten Welle hat sich das geändert“, verweist Specht als ZRN-Vorsitzender auf Homeoffice, mehr (E-) Radler und stärker ausgelastete Parkhäuser – ein Anzeichen dafür, dass das Auto wieder mehr an Bedeutung gewonnen hat, um in die Stadt zu kommen. „Wir müssen uns jetzt darum kümmern, unsere treuen Kunden zu behalten.“ Mit 73 Prozent der Fahrgäste im Verbund besitzen vergleichsweise viele eine Abo-Karte.
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