Odenwald - Der ehemalige Golflehrer einigt sich mit dem Kreis Bergstraße auf einen Umzug in den Bergtierpark Fürth-Erlenbach

Kompromiss: "Odenwald-Tipianer" Freukes stimmt Umsiedlung zu

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Vanessa Schmidt
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Bis Ende Oktober im Hammelbacher Wald: Marc Freukes, inzwischen auch als Odenwald-Tipianer bekannt, muss seine Hütte im Herbst abgebaut haben. © Fritz Kopetzky

Hammelbach. Um kurz vor 7 stehen schon einige Autos auf dem geschotterten Parkplatz. An den Grashalmen klebt noch der Morgentau. Einige 100 Meter weiter wartet Marc Freukes. „Es ist die Ruhe vor dem Sturm“, sagt der Mann, der unter dem Namen „Odenwald-Tipianer“ bekannt geworden ist. Die Hände in den Hosentaschen versenkt, blickt er in die Ferne, während Hündin Rala vor ihm durch das hohe Gras stürmt. Seit 2014 wohnt der Aussteiger im Hammelbacher Wald. Anfangs noch in einem Tipi, baute er sich eine Jurte – und genau diese stand am Donnerstag im Mittelpunkt. „Meine Hütte soll abgerissen werden“, so Freukes aufgebracht. Geschlafen hatte er kaum.

Bagger angerückt

„Ich habe an alle geschrieben, die meine Petitionen oder Spendenaufrufe unterstützt haben. Gemeinsam können wir den Abriss vielleicht verhindern.“ Um 7 Uhr morgens sitzt neben der Waldhütte bereits eine kleine Runde auf dem Boden nebeneinander. Mir geht richtig der Puls. Ich weiß nicht, was passieren wird“, sagt Freukes. Um kurz vor 8 Uhr fährt ein blauer Transporter an. Auf einem Anhänger liegen drei Leitern. Das ortsansässige Abrissunternehmen für Abbruch, Erdbau und Kanalbau ist mit vier Mitarbeitern vor Ort. Kurze Zeit später folgen die Vertreter des Landkreises Bergstraße, die die Räumung verfügt haben. „Die Hütte wurde illegal im Wald errichtet und muss abgebaut werden“, erklärt Kreisbeigeordneter Karsten Krug zu den Hintergründen. Außerdem gab es Beschwerden gegen Freukes, weil er sein Essen über offenem Feuer zubereite – Waldbrandgefahr.

„Das Verfahren zieht sich aber schon über einige Jahre“, betont Krug. Mehrmals über den Vormittag hinweg versucht Freukes, die Mitarbeiter des Abrissunternehmens und die Beamten des Kreises zu beschwichtigen, abzuziehen. Erfolglos. Als ein Absperrband um das private Waldgrundstück gezogen wird, reißt er aufgebracht das Band von den Ästen und erklärt: „Ihr nehmt mir meine Existenzgrundlage.“

Gegen 10 Uhr fahren zwei große Lkw an. Sie transportieren einen Bagger und einen großen Container, der an der Einfahrt zum Waldweg abgestellt wird. Auch die Polizei ist in Rufnähe. Vor dem Abriss der Jurte sollen zudem die Wespennester entfernt werden. Hierfür hat die Untere Naturschutzbehörde eine Fachfirma beauftragt, die am Mittag vor Ort eintreffen soll.

Während der Kreis den Abriss vorbereitet, treffen immer mehr Unterstützer Freukes ein. „Es gab Vorschläge und Gespräche im Vorfeld, auf die nicht eingegangen wurde“, betont Krug. So habe der Kreis angeboten, dass Freukes auf ein Grundstück im Bergtierpark Fürth-Erlenbach umgesiedelt wird. Dort könne er weiterhin privat im Wald leben und seine Naturkurse vor Ort anbieten. Freukes lehnte ab und reichte gegen die Räumung seiner Jurte Klage ein. Zusammengepackt hat er am Vorabend nichts. „Die können meinen Kram ja nicht einfach mitabreißen, denke ich.“ Freukes berät sich am späten Vormittag mit seinen Unterstützern. Auch Kreisbeigeordneter Krug bespricht mit seinen Kollegen erneut die Situation. Kurz vor 12 Uhr ziehen sich die Männer hinter verschlossenen Türen in die Waldhütte zurück. 15 Minuten später öffnet sich die Tür. Beide lächeln. „Wir könnten eigentlich weißen Rauch aus der Jurte aufsteigen lassen“, erklärt Krug mit einem Lächeln. Bis Ende Oktober darf Freukes in der Jurte bleiben, danach zieht er in den Bergtierpark um.

„Meine Hütte nehme ich dorthin auf jeden Fall mit.“ Im Gegenzug willigt Freukes ein, die vorliegende Klage gegen den Beschluss des Kreises zur Räumung zurückzuziehen. Das Abrissunternehmen, die Polizei und die weiteren Behörden vor Ort treten den Rückzug an. „Manchmal braucht es vielleicht ein Säbelwetzen, bis Frieden einkehren kann“, sagt Freukes zu seiner Entscheidung. Den Rest des Tages will er feiern, bevor am Wochenende wieder die nächsten Teilnehmer für seine Wildniskurse anreisen.

Die Tipi-Geschichte

  • Seit Anfang 2014 wohnt der ehemalige Golflehrer im Wald. Zunächst in einem Tipi, baute sich Marc Freukes eine 18 Quadratmeter große Jurte.
  • Bereits im Jahr 2019 forderte der Kreis Bergstraße die Räumung der Jurte ein, weil sie gegen geltendes Recht verstieße. Dieser Aufforderung kam der Aussteiger nicht nach.
  • Der Kreis verfügte Strafzahlungen, Freukes sammelte über Petitionen Unterschriften.
Heppenheim

Der „Odenwald-Tipianer“ Marc Freukes

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