Rhein-Neckar. Das heiße und trockene Sommerwetter begünstigt eine bislang vor allem in Afrika heimische Zeckengattung. Die nach ihrem Gattungsnamen als Hyalomma bezeichnete Zecke werde in diesem Jahr häufiger in der Vorderpfalz beobachtet als im vergangenen, eher feuchten Jahr, sagt die Stuttgarter Zeckenforscherin Ute Mackenstedt.
„Dieses Tier ist uns bisher nie untergekommen“, berichtet die Reiterin Susanne Mengelberg in Bobenheim-Roxheim (Rhein-Pfalz-Kreis). Auffallend seien die besondere Größe und die gestreiften Beine. Innerhalb von wenigen Tagen sei die Zeckenart fünf Mal aufgetaucht, habe Bisswunden und Saugstellen an besonders empfindlichen Stellen der Pferdehaut hinterlassen.
Anders als der weit verbreitete Gemeine Holzbock, der seine Opfer über chemische Signale wie Temperatur und Geruch wahrnimmt und sich im Gras oder Unterholz an sie heftet, sind Hyalomma-Zecken aktive Jäger, die ihren Opfern über längere Strecken nachsetzen können. Auf die Sehfähigkeit nimmt der griechische Name Bezug: Hyalomma bedeutet so viel wie Glasauge.
Neben Pferden und anderen großen Säugetieren gehen die Zecken auch an Menschen. In der Nähe der Reiterwiesen bei Bobenheim-Roxheim gibt es mehrere Weiher mit vielen Kanada- und Graugänsen. „Wir gehen davon aus, dass Hyalomma mit Zugvögeln in unsere Breiten gelangen“, sagt die Expertin Mackenstedt, die im Fachgebiet Parasitologie an der Universität Stuttgart-Hohenheim forscht. Im Entwicklungsstadium der Nymphe saugen sich die Zecken an den Vögeln fest, fallen dann ab und entwickeln sich bei günstigen Wetterbedingungen zu erwachsenen Tieren.
„Das Auftreten von Hyalomma stimmt sehr gut mit den Strecken des Vogelflugs überein“, sagt Mackenstedt. Dazu gehört das Rheintal. Nachweise gibt es auch für Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. „In den nächsten Jahrzehnten könnte es mit dem Klimawandel dazu kommen, dass sich eine Hyalomma-Art hier festsetzen und heimisch werden kann“, sagt die Wissenschaftlerin.
Je nach Menge gesogenen Blutes legt die Zeckenart bei jeder Eiablage nahezu 2000 Eier. „Die hohe Zahl von Nachkommen ist ein Faktor, der der Zecke die Eroberung eines neuen Lebensraumes erleichtern kann“, so das Robert Koch-Institut (RKI).
Hyalomma-Zecken können das Krim-Kongo-Fieber (CCHF) übertragen, eine Virusinfektion mit hoher Sterblichkeit. In der Türkei sind seit 2002 Tausende von Menschen daran erkrankt; in fast fünf Prozent der Fälle hatte die Krankheit laut RKI einen tödlichen Verlauf. dpa
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