Diskussionsrunde

KI und Soziale Netzwerke: Experten diskutieren über Journalismus der Zukunft in Heidelberg

Im DAI Heidelberg diskutierten Expertinnen und Experten über die Zukunft des Journalismus und die Rolle von KI und Sozialen Netzwerken. Mit dabei ist auch die Chefredakteurin des „Mannheimer Morgen“, Miriam Scharlibbe.

Von 
Joachim Klaehn
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Wie Soziale Netzwerke und „Künstliche Intelligenz“ die Medienwelt und den Journalismus verändern, darüber diskutieren im DAI (v.l.) Barbara Klauß, Wirtschaftsredakteurin der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ), Medienwissenschaftlerin Caja Thimm von der Universität Bonn, Miriam Scharlibbe, Chefredakteurin des Mannheimer Morgen (MM), Ralph Kühnl, Programmchef des Rhein-Neckar Fernsehens (RNF) und Götz Münstermann, Leiter der Online-Redaktion der RNZ. © Philipp Rothe

Heidelberg. Das Feedback danach spricht für sich. „Ein informativer, toller Abend“, sagt eine Dame beim Hinausgehen. Ihr Partner bestätigt sie: „Solche Veranstaltungen sind wichtig für unser Medien- und Demokratieverständnis.“ Und eine Studentin meint, an ihre Mutter gewandt, breit grinsend: „Mama, ich habe heute echt viel gelernt.“ Kann ein Abend besser enden?

Diskussion im Heidelberger DAI: Soziale Medien, Künstliche Intelligenz und Journalismus

Das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) ist ein etabliertes Kulturhaus – auch deshalb liegt das Veranstaltungs-Trio (Deutscher Journalisten-Verband Mannheim-Heidelberg, Deutsche JournalistInnen-Union/Verdi Rhein-Neckar und Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg) mit der altehrwürdigen DAI-Bibliothek, dem Thema „Wie verändern Soziale Netzwerke und Künstliche Intelligenz die Medienwelt und den Journalismus?“ und den Diskutierenden Professor Caja Thimm (Medienwissenschaftlerin der Universität Bonn), Miriam Scharlibbe (MM-Chefredakteurin), Ralph Kühnl (RNF-Programmchef), Götz Münstermann (Leiter der RNZ-Online-Redaktion) sowie Moderatorin Barbara Klauß (RNZ-Wirtschaftsredakteurin) goldrichtig.

Regulierung der Märkte und Kontrolle der digitalen Plattformen

Der Gesellschaftsabend ist viel mehr als „nur“ eine Nabelschau. Er lebt von der wohltuenden Tonalität des Diskurses, der Interaktion mit dem interessierten Publikum, der Suche nach Identität, der Kunst des Redens und Zuhörens. „Wir hatten einen superschönen Querschnitt verschiedener Generationen im Publikum, von Medienkonsumenten und Medienschaffenden, von KI-Fans und KI-Skeptikern“, sagt Miriam Scharlibbe nach dem Zwei-Stunden-Programm.

„Wie verändern Soziale Netzwerke und Künstliche Intelligenz die Medienwelt und den Journalismus?“ - volles Haus im DAI bei der Podiumsdiskussion. © Philipp Rothe

Caja Thimm, „Demokratieforscherin“ und Ex-Sprecherin des Forschungsverbunds Digitale Gesellschaft, mahnt angesichts der Änderung unserer Lebenswelten zum Umdenken. Große Datenunternehmen wie Mark Zuckerbergs Plattform Meta, Desinformation à la Donald Trump als politische Strategie, die schwarze Zukunft des Technofaschismus, das „tote Gatekeeping-Modell“ im Social-Media-Bereich stellen Gefahrenherde dar. Umso wichtiger sei die Regulierung der Märkte und die Kontrolle der digitalen Plattformen. Hierfür gebe es sowohl die Grundprinzipien für zukunftssicheren KI-Einsatz, den „AI Act“ der EU, sowie die EU-Verordnung namens „Digital Services Act“ (DSA), der Verbraucherschutz und Grundrechte stärke und somit europaweit einen Rechtsrahmen schaffe. Thimm zieht im Impulsvortrag ihr Fazit: „Qualitätsjournalismus ist essentiell für Demokratie – nie war er so wichtig wie heute!“

Ringen um verantwortungsbewusste Nutzung aller Kanäle

Mit vielfältigen Praxisbeispielen aus dem Zeitungs- und Fernsehgeschäft bestätigen genau das die Medienmacher von MM, RNZ und RNF. Sie sind sich einig darin, dass zum Demokratieerhalt ewige journalistische Tugenden wie Faktenchecks, Zwei-Quellen-Regeln, gesunde Distanz zur Sache, Nähe zum „König Kunden“, Innovationsmut, konstruktiv-kritische Beschäftigung mit Social Media und KI, spannende Darstellungsformate in Text, Ton und Bild zählen, um am Puls der Zeit zu bleiben und neue Zielgruppen zu erschließen. Journalismus wird gerade neu gedacht – man spürt allseits das Ringen um multimediale Ausrichtung und verantwortungsbewusste Nutzung aller Kanäle. „AI ist unser Freund“, sagt Miriam Scharlibbe plakativ, „ich erlebe zwei Extreme: die einen sagen, das ist die Lösung für alles. Die anderen meinen, das ist der Teufel und wird Arbeitsplätze kosten. Die Wahrheit liegt in der Mitte.“

Der Abend im DAI

Thema: „Wie verändern Soziale Netzwerke und Künstliche Intelligenz die Medienwelt und den Journalismus?“

Diskussionsrunde: Professor Caja Thimm (Medienwissenschaftlerin der Universität Bonn), Miriam Scharlibbe (MM-Chefredakteurin), Ralph Kühnl (RNF-Geschäftsführer und -Programmchef), Götz Münstermann (Leiter der RNZ-Online-Redaktion); Moderation: Barbara Klauß (RNZ-Wirtschaftsredakteurin)

Veranstaltungsort: DAI Heidelberg, Bibliothek

Veranstalter: Deutscher Journalisten-Verband Mannheim-Heidelberg, Deutsche JournalistInnen-Union/Verdi Rhein-Neckar, Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg jog

Sie spricht von „Taschenlampen-Effekten“ – über Chancen der Technologie, aber genauso über das hohe Gut des journalistischen Handwerks. Es ist bedeutsam, sich mit Metaebenen (Berufsethos, Pressefreiheit und Meinungsvielfalt) auseinanderzusetzen – Scharlibbe sitzt seit fast sieben Jahren im Deutschen Presserat. Die niederschwellige Ebene ist das Tagesgeschäft. Redaktionen sollten die Menschen aus ihrem Umfeld und deren Bedürfnisse kennen. Sie müssen, bei aller Ausspielung der digitalen Kanäle, Akzente auf analoge Begegnungen setzen. Verlage und Sender zeigen mit personifizierten „Bildern“ ihrer Mitarbeitenden vermehrt Gesicht. „Der Reporter gehört auf die Straße“, wie es Miriam Scharlibbe auf den Punkt bringt.

„Es ist ein wundervoller Beruf“

Es geht um Qualität, Authentizität, Glaubwürdigkeit, Selbstkritik, Transparenz, Wirksamkeit und Resilienz im Journalismus. „Es ist ein wundervoller Beruf“, sorgt Moderatorin Barbara Klauß für den empathisch-positiven Ausklang, „wir müssen guten Journalismus machen – dabei neugierig und skeptisch sein.“

Zur Identität der modernen Medienwelt inklusive Social Media und KI dienen Abende wie der im DAI bestens. Sie sind informativ, hintergründig und Demokratie-stärkend. In schwierigen Zeiten gerne mehr davon.

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