Neustadt. Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat am Sonntag den Hambacher Freiheitspreis 1832 verliehen bekommen. Die Stadt Neustadt zeichnete den 82-Jährigen für sein lebenslanges Engagement für Freiheit und Demokratie aus. Gauck ist der erste Träger des mit 10 000 Euro dotierten Preises. Das Preisgeld spendet Gauck jeweils zur Hälfte an die Ukraine-Hilfe der Stadt Neustadt und an den Verein „Für Demokratie gegen Vergessen“.
„Dankbar nehme ich den Preis an, der mir und vielleicht auch Ihnen Anerkennung und Ansporn ist“, sagte Gauck am Ende seiner Dankesrede, in der er unter anderem auch deutlich Stellung zum Ukraine-Krieg bezog. „Putins Krieg gilt der gesamten freien Welt“, so der frühere Bundespräsident. Die Ukraine müsse so unterstützt werden, dass ihre Freiheit und Integrität erhalten blieben. Ansonsten sei die Stabilität Europas akut gefährdet. Mit Blick auf die Ereignisse vor 190 Jahren mahnte Gauck, es seien Mut, Haltung und Engagement nötig, um die Demokratie gegen ihre Gegner und Feinde von innen und außen zu schützen.
3000 Reichsbürger und Querdenker mit Protesten
Dazu war am Wochenende Samstag in Neustadt reichlich Gelegenheit. Rund 3000 in weiß gekleidete Menschen aus ganz Deutschland - vor allem aus der Corona-Leugner-, Querdenker- und Reichsbürger-Szene – versuchten zum Teil mit lautstarken Protesten Veranstaltungen und Diskussionsrunden des ersten Festes der Demokratie in Neustadt zu stören und zum Schloss hinauf zu gelangen. Veranstalter und Polizei entschieden sich, den Protest als Kundgebung zuzulassen. Der Zugang zum Schloss musste zeitweise gesperrt werden.
Die Gedenkstätte für NS-Opfer Neustadt und der DGB Pfalz verurteilten diese Zulassung. Sie seien von der Polizei aufgefordert worden, ihren Stand auf dem Hambacher Schlossgelände abzubauen, um die weißgekleideten Störer nicht zu provozieren. Die Mitglieder hätten unter Polizeischutz ausharren müssen, beklagt der Verein in einer Presseerklärung. Die Ehrenamtlichen seien angefeindet und mit Müll beworfen worden. Da unter solchen Bedingungen kein Demokratiefest gefeiert werden könne, habe man seine Teilnahme für den zweiten Tag abgesagt, so der Verein.
"Mehr um demokratische Freiheitsrechte kämpfen"
Die Parolen der weißgekleideten Störer seien eine Perversion aller demokratischen Ideen, sagte der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident und aktuelle Beiratsvorsitzende der Stiftung Hambacher Schloss, Kurt Beck, am Sonntag im Gespräch mit dieser Redaktion. Dies sei jedoch leider ein Teil der politischen Realitäten. Umso mehr müssten Demokraten zusammenstehen und das so mühsam Errungene verteidigen. „Der Schock, so herausgefordert zu werden, kann manchmal heilsam sein. Wir müssen wieder mehr um unsere demokratischen Freiheitsrechte kämpfen,“ so Beck.
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