Wirtschaft

Japaner übernehmen Heidelberger Familienunternehmen Lamy

Die Füller des Heidelberger Herstellers Lamy kennt fast jedes Kind - jetzt ist das bekannte Familienunternehmen verkauft worden. Künftig hat die japanische Firma Misubishi Pencil dort das Sagen. Was hat sie vor?

Von 
Tatjana Junker
Lesedauer: 
Federn für Füllfederhalter mit der Aufschrift "Lamy" liegen auf einem Tisch. © Uwe Anspach/dpa

Heidelberg. Drei Generationen lang war der bekannte Füllerhersteller Lamy im Besitz seiner Gründerfamilie - jetzt übernimmt ein japanisches Unternehmen das Ruder bei der Heidelberger Traditionsfirma. Am Mittwoch wurden die mehr als 300 Beschäftigten am Stammsitz in Wieblingen darüber informiert, dass die Familie Lamy 100 Prozent der Anteile an die Mitsubishi Pencil Company verkauft hat.

Newsletter "MM Business" - kostenlos anmelden!

Das ist zwar auch ein Familienunternehmen mit langer Tradition - allerdings ein deutlich größeres als die Heidelberger. Gegründet wurde Uni Mitsubishi Pencil Company 1887 in Tokio. Der Umsatz im Jahr 2023 wird mit 74,8 Milliarden Yen (rund 458 Millionen Euro) angegeben - ein Vielfaches des Lamy-Umsatzes, der 2021 laut elektronischem Bundesanzeiger bei 85,2 Millionen Euro lag.

Bleistifte, Tintenroller und Gelroller bei Mitsubishi Pencil

Etwa 46,5 Prozent der Umsätze von Mitsubishi Pencil entfallen auf Japan, 15,4 Prozent auf Europa. Das Unternehmen beschäftigt weltweit mehr als 2700 Menschen. In Deutschland ist Uni Mitsubishi Pencil vor allem durch seine Bleistifte, Tintenroller und Gelroller der Marke Uni(-ball) bekannt.

Zu möglichen Synergien durch die Übernahme hieß es am Mittwoch, da Lamy mit seinen Produkten im Premium-Bereich positioniert sei, würden Marke und Sortiment das Angebot von Mitsubishi Pencil „perfekt ergänzen“. Neben der starken und begehrten Marke bringe Lamy Designkompetenz, „Made in Germany“ und „wertvolle erfahrene Mitarbeitende“ mit.

Standort Heidelberg soll bleiben

Lamy wiederum könnte durch den neuen Besitzer von dessen großem globalen Vertriebs- und Händlernetz profitieren. Dadurch würden Lamy-Produkte international noch verfügbarer. Lamy selbst hatte in den vergangenen Jahren einen Strategiewechsel vollzogen: Während der frühere Chef Bernhard Rösner stark auf die internationale Expansion, insbesondere in China, setzte, legte das aktuelle Management den Fokus stärker auf eine Nischenstrategie im Premium-Bereich. Das internationale Vertriebsnetz wurde gestutzt, was sich auch in den Umsätzen der Heidelberger bemerkbar machte. Sie schrumpften zwischen 2017 und 2020 deutlich zusammen.

Im vergangenen Jahr kündigte das Management ein umfassendes Investitionsprogramm in Heidelberg an, mit dem sowohl die Fertigung modernisiert als auch die Entwicklung neuer digitaler Produkte - zum Beispiel Smartpens - vorangetrieben werden sollen. In diesem Bereich könne Lamy künftig von der Technologiekompetenz profitieren, die Mitsubishi Pencil im Bereich Digital Writing mitbringe.

Bisher komplett in Heidelberg hergestellt

Für die Beschäftigten dürfte vor allem wichtig sein, inwieweit der neue Besitzer an der Heidelberger Produktion festhalten will. Unter der Familie Lamy wurden bisher alle Produkte komplett in Heidelberg hergestellt - auch für die rund 80 Länder außerhalb Deutschlands, in denen die Füller verkauft werden. Am Standort gibt es außerdem bisher eine extrem hohe Fertigungstiefe - auch viele Vorprodukte und Maschinen für die Füllerherstellung werden hier produziert, ebenso wie die Tinte und die Patronen.

„Die Mitsubishi Pencil Company hat zugesichert, den Standort Heidelberg nicht nur beizubehalten, sondern ihn weiter zu entwickeln“, versicherte Lamy-CEO Steffen Rübke am Mittwoch. „Und in der Tat gibt es hier ja eine erstklassige Fertigung, in die ja gerade hohe Summen investiert worden sind, um sie zu modernisieren.“ Der neue Eigentümer wolle auf den Standort und das Prädikat „Made in Germany“, das wertvoller Teil der Marke Lamy sei, aufbauen.

Kern der Marke Lamy bleibt erhalten

„Der Kern der Marke Lamy wird erhalten bleiben und fortentwickelt werden. Dabei wird das ‚Made in Germany‘ weiter eine entscheidende Rolle spielen. Das war und ist für uns von größter Wichtigkeit“, wird auch Markus Lamy in einer Mitteilung zitiert. Er hatte die Anteile an dem Familienunternehmen bisher gemeinsam mit seiner Schwester Vera Lamy gehalten. Ihr Vater Manfred Lamy hatte die Geschäfte des Füllerherstellers bis 2006 selbst geführt, danach hatte erstmals ein externer Manager die Firmenleitung übernommen.

Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp



Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt

Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen

Für Mirko Geiger, Erster Bevollmächtigter der Gewerkschaft IG Metall in Heidelberg, kommt der Verkauf nicht besonders überraschend. „In diesem Markt muss man schauen, dass man mit einem starken Player unterwegs ist. Insofern erscheint der Schritt logisch“, sagt er. Generell empfehle die Gewerkschaft der Belegschaft in Heidelberg, künftig wieder stärkeren Wert auf schriftliche Vereinbarungen und Zusagen mit der Geschäftsführung zu legen. 

Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen