Wiesloch. Es sind schockierende Bilder: An dem Haus in der Schwetzinger Straße mitten in der Wieslocher Innenstadt fehlt die komplette Fassade. Der Blick ist frei auf Küche, Badezimmer und Treppenhaus. Am Mittwochmorgen um 5 Uhr ist die komplette Giebelwand des Hauses weggebrochen. Wie die Polizei meldete, sind keine Menschen zu Schaden gekommen. Die Bewohner hätten das Haus rechtzeitig verlassen können.
Streit seit zwei Jahren
Kurz vor dem Einsturz habe die Wand verdächtig geknirscht, berichtet Hausbesitzer Hüseyin Dasdelen im Gespräch mit den Reportern. Bei näherer Betrachtung habe er schon bemerkt, dass die Wand erkennbar herausstand. Sicherheitshalber habe die Familie das Haus sofort verlassen, bevor die Wand eingestürzt sei. „Fünf Minuten später ist das Ding dann eingekracht“, berichtet Dasdelen. Laut der ersten Meldung der Polizei ist die Ursache des Einsturzes noch unklar. Das sehen Dasdelen und auch sein Rechtsanwalt Rüdiger Klingmann allerdings ganz anders.
Seit zwei Jahren schwelt ein Streit mit der Bauträgergesellschaft, die das Nachbarhaus hat abreißen lassen. Seit einem halben Jahr läuft ein sogenanntes Beweissicherungsverfahren vor dem Landgericht Heidelberg. Die Bauträgergesellschaft hat nach Ansicht des Hausbesitzers und seines Anwalts die direkt angrenzenden Wände nicht absichern lassen. Das Besondere an der Bausituation in der Schwetzingerstraße 22: Die Häuser hatten eine gemeinsame Giebelwand, waren also baulich nicht getrennt voneinander. „In dieser Situation besteht eine besondere Sorgfaltspflicht“, betont Klingmann.
Es sei ja klar, dass in einem solchen Fall ein Haus einen Teil seiner Stütze verliere. Eigentlich hatte ein Gutachter die Schäden an der Hauswand demnächst dokumentieren sollen. Der Bauträger und dessen Haftpflichtversicherung hätten zwei Jahre lang keine besondere Initiative gezeigt, die Schäden dokumentieren zu lassen. „Das können wir uns jetzt sparen“, meint der Rechtsanwalt.
Es habe vonseiten der Bauträgergesellschaft immer geheißen, dass ja bald gebaut werde und eine entsprechende Stütze dann wieder vorhanden sei. Aber passiert sei in zwei Jahren gar nichts. Die Baugrube sei voller Wasser gelaufen, die schützenden Plastikplanen an den Wänden seien immer weiter zerfleddert. Auch an der Hauswand an der gegenüberliegenden Seite der Baugrube gibt es Schäden, die aber wohl nicht so gravierend sind. Mittlerweile ist das freie Baugrundstück an einen anderen Investor verkauft. Aber es gibt offenbar immer noch keine Anstalten für eine Bebauung.
Gebäude beschlagnahmt
Es sei ein Glück, dass alle Bewohner unverletzt seien, sagt der Wieslocher Oberbürgermeister Dirk Elkemann angesichts des massiven Schadens, der das Haus nun unbewohnbar gemacht hat. Die Menschen seien vorläufig bei Verwandten untergekommen. Nun kümmert sich die Stadt, dass von dem Haus keine Gefahr mehr ausgeht. Tatsächlich hat die Sperrung der Schwetzinger Straße am Mittwoch für massive Staus in der Innenstadt gesorgt. „Aber wir können nicht riskieren, dass der Verkehr für Erschütterungen sorgt, die das Haus möglicherweise endgültig zum Einsturz bringen“, so Elkemann. Das Haus müsse erst richtig gesichert, auch der Giebel fixiert werden. Die Polizei hat wegen des Verdachts der „Baugefährdung“ Ermittlungen aufgenommen. Das Gebäude wurde beschlagnahmt. Die Höhe des Sachschadens steht noch nicht fest.
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