Street Art

Graffiti: Daniel Ferino aus Worms erschafft gewaltige Kunst aus der Sprühdose

Sein Hagen-Mural in Worms ist ein echter Hingucker. Doch es gibt viel mehr Wandkunst in der Region von Daniel Ferino zu entdecken - in Ludwigshafen, auf dem Betzenberg. Jetzt startet der 38-jährige Künstler international durch

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Bernhard Zinke
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Daniel Ferino (r.) und Philipp Walch besprühen im Künstlerdistrikt Wynwood in Miami eine Hauswand. © privat

Worms. Der Zielkonflikt war Familiensache. Daniel Ferino war angehender Sprayer, sein Vater arbeitete beim Bauamt der Stadt Worms und war damit kraft seines Amtes dafür zuständig, wenn wieder Wände in der Stadt verschmiert waren. Deshalb bot Papa Ferino dem Sohn die heimische Garage als Experimentierfeld für dessen Sprühkünste an und sagte: „Wenn ich einmal auf einer Hauswand in der Stadt was von dir entdecke, dann bist du reif!“ Spätestens jetzt dürfte Daniel Ferino „reif“ sein. Sein riesiges, knallbuntes Kunstwerk des Hagen von Tronje prangt seit einigen Tagen rund zwölf Meter hoch an einer Hauswand am Wormser Obermarkt.

Daniel Ferino bei der Arbeit an der Fassade des Fritz-Walter-Stadions. © Daniel Ferino

Der Vater dürfte indessen nicht allzu sauer sein. Das vielbestaunte und -fotografierte Kunstwerk ist eine Auftragsarbeit der Stadt Worms und ein echter Hingucker - bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen. Das Hagen-Mural ist eines der letzten Kunstwerke von vielen. Denn Daniel Ferino ist ein höchst erfolgreicher Graffiti-Künstler. Die Arbeiten des 38-Jährigen sind in der Region, aber mittlerweile auch international zu entdecken.

Vom Lackierer zum Graffiti-Künstler

Auf die Maltechnik mit Sprühdosen wurde Ferino als Jugendlicher durch das HipHop-Magazin Backspin aufmerksam. Dort wurde regelmäßig Graffiti-Kunst und Street Art vorgestellt. Das wollte Daniel auch machen, probierte sich also auf Papier und an der heimischen Garage aus, bald bei Freunden und Verwandten, durfte auch schon mal als Auftragsarbeit ein Firmenlogo an eine Wand sprühen. Regelmäßig gondelte der Schüler mit dem Zug nach Mannheim und Heidelberg, um sich in den Fachgeschäften mit Farbspraydosen einzudecken. Die benötigte Auswahl gab es in Worms eher nicht.

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Gewaltige Kunst aus der Sprühdose

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Seine Ausbildung absolvierte er konsequenterweise als Fahrzeuglackierer, arbeitete nach dem Zivildienst sieben Jahre als Industrielackierer, meldete parallel ab 2011 jedoch ein Kleingewerbe an, weil immer mehr Graffiti-Aufträge hereintrudelten. „Da haben die Wochenenden irgendwann einfach nicht mehr ausgereicht“, erinnert Ferino sich. Deswegen suchte er sich gezielt einen Halbtagsjob, der ihm finanzielle Sicherheit, aber auch Zeit für seine Kunst bescherte. Die Chefin des Unternehmens fand die Offenheit gut und ermöglichte dem jungen Mann den Freiraum. Und den nutzte er.

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Fluch und Segen der Street Art: Viele sehen sie. „Je mehr man macht, desto mehr Menschen werden auf einen aufmerksam, desto mehr Arbeit kommt dazu“, erzählt Ferino. Der Wendepunkt war ein Auftrag des Versandhändlers Amazon für die Wand eines neuen Verteilzentrums bei Bad Kreuznach. „Ein Riesenauftrag. Eigentlich hätte ich gar keine Zeit dafür gehabt. Aber es war sehr gut bezahlt“, sagt Ferino. Und so wagte er endgültig den Sprung in die Selbstständigkeit.

Volle Auftragsbücher für den Sprayer

Das war 2019 - ein Jahr vor Corona. Fitnessstudios, Restaurants wollten Bilder von ihm. Die Auftragsbücher waren voll. Dann brach die Pandemie aus. Alle Aufträge waren plötzlich storniert. „Aber innerhalb von ein paar Wochen hat sich die Situation komplett gedreht“, erinnert sich der Künstler. Die Menschen konnten keine Urlaube mehr machen, nutzten Zeit und Geld, um ihr Zuhause zu verschönern. Da kam Ferino ins Spiel. „Es kamen richtig viele Aufträge herein“, sagt er.

Der Betrachter muss sehen, wessen Handschrift das Wandgemälde trägt. Er muss sehen, dass es von Ferino ist.
Daniel Feriono Graffiti-Künstler

Gleichwohl sind seine Kunstwerke auch an vielen öffentlichen Flächen in der Region zu bewundern. Am Ludwigshafener Hauptbahnhof hat er einen Teil der Unterführung gestaltet, ebenso die Wand eines Sushi-Restaurants in Speyer. Auf dem Betzenberg in Kaiserslautern hat der bekennende FCK-Fan, der seit 19 Jahren eine Dauerkarte besitzt, das Fritz-Walter-Stadion mit mehreren Wandgemälden innen und außen verschönert. Sein FCK-Herz schlägt jetzt überdimensional mehrere Meter hoch auf einer Wand im Aufgangsbereich zu den Zuschauertribünen.

Zu seinen Kunden zählen mittlerweile unter anderem Porsche, die Rhein-Neckar-Löwen, Jack Daniels, die KfW-Bank, die Ferienclubs Robinson und Aldiana, die Hotel-Kette Best Western, Caterpillar und viele weitere Unternehmen. Im vergangenen Jahr dann der Ritterschlag: Gemeinsam mit seinem Graffiti-Kollegen und -Kumpel Philipp „Stone“ Walch aus Laupheim bei Ulm bekam Ferino den Zuschlag, eine Hauswand im Künstlerdistrikt Wynwood in Miami zu gestalten.

Die beiden wählten für ihre erste Riesenfläche ein Porträt von Leonardo da Vinci. Zehn Tage sprühten die beiden mit Hilfe eines Hubsteigers das Gesicht des genialen Künstlers und Erfinders auf die Mauer, in schwarz-weiß vor einem knallbunten Himmel und mit einem Eisvogel. Diese Erfahrung hat Appetit gemacht.

Jetzt wollen die beiden gemeinsam einmal im Jahr im Ausland arbeiten, um ein Kunstwerk zu schaffen. Im Kalender steht im Januar schon ein Termin an: In Vietnam haben sie den Auftrag eines Hotels, eine Wand zu gestalten.

Auch dort wird der Künstler ein Gemälde in seinem Stil gestalten, mit bunten Flächen und plastisch, fast dreidimensional wirkenden Ebenen. „Der Betrachter muss sehen, wessen Handschrift das Wandgemälde trägt. Er muss sehen, dass es von Ferino ist“, so das Ziel des 38-Jährigen.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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