Umweltschutz - Marc Freukes möchte Menschen für die Schönheit der Natur begeistern und übt sich ein Jahr als Einsiedler

Golflehrer lebt jetzt im Wald

Von 
Heike Dürr
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Hündin Rala ist treue Begleiterin von Marc Freukes, der ein Jahr lang im Wald bei Grasellenbach lebt.

© hdue

Rhein-Neckar. "Ich bin weder ein Indianer noch ein Steinzeit- oder Waldmensch!", stellt Marc Freukes klar. "Odenwald-Tipianer" Freukes lebt zwar seit neun Monaten in einem Tipi mitten im Wald - das Rad der Zeit will er allerdings nicht zurückdrehen. Aber: "Ich suche nach einer Alternative, um mit weniger Umweltverschmutzung und mehr Freizeit zu leben." Und er will "nicht mehr schuften müssen", um Sachen finanzieren zu können, die er gar nicht braucht. Bis 2013 war Freukes als Golflehrer in der Region erfolgreich. Die Zeit sei geprägt gewesen von Druck, Stress und Mobbing. Daher gründete er seine Outdoorschule Odenwald, mit der er heute seinen Lebensunterhalt verdient. So lernte er die Gegend um Grasellenbach kennen, wo er sich bis Ende des Jahres niedergelassen hat.

Baum als Badezimmer

Freukes Wald-Domizil verfügt weder über Wasser noch über Strom. Neben dem auf einer massiven Holzplattform stehenden Tipi mit fünf Metern Durchmesser gibt es ein kleineres, niedriges Wigwam. Es ist dick mit Stroh gedämmt und hält in kälteren Nächten warm. Das Badezimmer besteht aus einem ausgehöhlten Stück Baumstamm, angebracht in Waschbeckenhöhe.

Ein kleiner Lagerplatz rund um ein offenes Feuer und verschiedene Lagerstätten bilden den Abschluss. Das Tipi selbst ist gemütlich und mit allem ausgestattet, was Freukes für seinen Alltag braucht: Feuerstelle und zwei Töpfe, ein kleines Regal mit Vorräten, ein Bett mit einem Schlafsack auf Strohunterlage und verschiedene Hängevorrichtungen für Kleidung oder Handtücher. Die Tipiwände sind mit Kohlezeichnungen verziert. Und für den Fall, dass es tatsächlich mal ausdauernd regnet, liegen Bücher bereit. Freukes lebt auf dem privaten Grundstück eines Bekannten und wird von der Gemeinde Hammelbach wohlwollend geduldet. Einfach nur so im Wald zu campieren, wäre nicht erlaubt.

Tag für Tag macht Freukes sich auf den Weg, um die Gegend zu erkunden, Pflanzen, Früchte, Pilze oder Holz zu sammeln und zu fischen - immer begleitet von seinem kleinen Mischlingshund Rala. "Langweilig ist mir nie, ich habe immer zu tun." Es gebe ständig etwas zu reparieren oder zu bauen. "Ich lerne jeden Tag etwas Neues - das ist die beste Schule, die ich je hatte."

Freukes versucht laufend zu ermitteln, was er für seinen täglichen Bedarf braucht und reduziert, wo immer möglich. Mittlerweile liegt sein durchschnittlicher Wasserverbrauch bei zwölf Litern pro Woche. Auch eine Lampe braucht er nicht mehr, sein Tagesablauf richtet sich nach der Sonne. Deshalb lebt er allerdings noch lange nicht wie in der Steinzeit. Mit seinem Fahrrad fährt er zur Wasserquelle oder zu einem kleinen Supermarkt, um den zusätzlichen Bedarf an Nahrungsmitteln zu decken. "Sonst wäre eine ausgewogene Ernährung schwierig."

Auch Fleisch kauft er dort, denn jagen will er nicht. Zu groß ist sein Respekt vor den Tieren. Sein erstes Buch berichtet von den ersten drei Monaten im Wald. Drei weitere Bände sind geplant. 24 natur-ethische Richtlinien hat Freukes verfasst. Sie sollen auch Stadtbewohnern Orientierung bieten für ein umwelt- und verantwortungsbewusstes Leben: von der klugen Vorratshaltung bis zum sorgsamen Umgang mit dem eigenen Körper.

Eine zentrale Frage des Buches kann er bereits mit "Ja" beantworten: "Heute in der Natur zu leben ist nicht nur möglich, es ist sogar schön." An mindestens fünf Tagen pro Woche fastet Freukes digital. Er braucht weder GPS noch eine Wetter-App. Enge Freunde und Familie erreicht er über Telefon, auch wenn der Empfang im Wald oft schlecht ist. Wer ihn sehen möchte, muss sich auf den Weg in den Odenwald machen. Alle zwei Wochen fährt er selbst los und besucht Freundin Alexandra in Baden-Baden. "Viele glauben, ich erhole mich in der Stadt vom Waldleben." Doch das Gegenteil sei der Fall: "Ich bin immer froh, wenn ich wieder zurück bin."

Wie es nach dem Jahr für Freukes weitergeht, weiß er noch nicht. Sein Traum wäre ein Erdhaus, das nahezu komplett aus natürlichen Materialien gebaut wird. Nach neun Monaten zieht er bereits eine erste Bilanz: "Wasser, Essen, Wärme und ein Dach über dem Kopf - eigentlich ist das Leben ganz einfach."

Odenwald-Tipianer

Teil I der vierteiligen Buchreihe "Ein Mann. Ein Zelt. Ein Jahr im Wald." ist bereits erschienen.

Das Buch kostet 17 Euro und ist direkt am Tipi oder im Supermarkt in Hammelbach bei Grasellenbach zu kaufen.

Freukes geht davon aus, in diesem Jahr weniger zu verdienen als in seinem früheren Job in einem Monat.

Seine Fixkosten hat er daher auf ein Minimum reduziert - Auto, Internet, Krankenversicherung und ein Handy für Notfälle.

Infos zu den Kursen und über das Buch gibt es auf der Homepage www.wildniskurs.de.

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