Femizid

Gewalttat in Heppenheim: Wie Samert Arslan den Angreifer überwältigte

Nachdem ein Mann seine Frau in Heppenheim am Sonntagabend getötet hat, schildert ein Nachbar, wie er den tödlichen Angriff in der Nachbarschaft erlebte – und warum der Kampfsportler sein Leben riskierte.

Von 
Iris Kleefoot
Lesedauer: 
Der 23-jährige Anlagenmechaniker Samert Arslan vor dem Haus in Heppenheim, in dem eine Frau am Sonntag getötet wurde. Er riskierte sein Leben, um andere zu schützen. © Thomas Rittelmann

Heppenheim. Nur wenige Menschen haben den Mut, sich selbst in Gefahr zu bringen, um andere zu beschützen. Samert Arslan ist einer von ihnen. Der 23-Jährige zögerte keine Sekunde, um den Mann zu entwaffnen, der am Sonntag in Heppenheim mit Messern auf seine Frau einstach und sie so schwer verletzte, dass sie noch am Tatort verstarb – trotz des beherzten Eingreifens von Samert Arslan.

Zwei Tage nach der schrecklichen Tragödie sitzt ihm der Schock noch tief in den Knochen. Dennoch berichtet er gefasst, was sich am Abend des 31. August in der Blütenstraße ereignete. „Kein Brennpunktviertel“, betont Arslan, „sondern eine sonst sehr friedliche Gegend.“ Dass sich dort ein solches Verbrechen zutragen könnte, hätte er niemals gedacht.

Der mutige Anlagenmechaniker wohnt selbst in der Nachbarschaft, seine Schwester mit ihrer Familie in dem Wohnhaus, das am Sonntag zum Tatort wurde – nur ein Stockwerk unter der Familie mit zwei Kindern, die nun ohne Mutter aufwachsen müssen. Den 56-jährigen Tatverdächtigen, den er als Nachbarn seiner Schwester kannte, hatte Arslan bereits eine Stunde vor der Tat gesehen. Dieser habe auf ihn einen wütenden Eindruck gemacht, als er ihm auf der Straße begegnete. „Das hat mich unruhig gemacht“, erinnert sich der junge Mann. „Es war, als würde mich eine innere Stimme auffordern, zu meiner Schwester zu gehen.“ Sein Gefühl sollte ihn nicht täuschen.

Panische Schreie im Treppenhaus

Nur wenige Minuten nach seinem Eintreffen bei der Schwester hörte Arslan panische Schreie aus dem Treppenhaus. „Ich bin sofort zur Tür gerannt und habe sie aufgerissen. Alles spielte sich direkt vor der Wohnung meiner Schwester ab.“ Er mutmaßt: „Anscheinend hatte die Frau versucht, zu Nachbarn zu flüchten, als der Streit mit ihrem Ehemann in der eigenen Wohnung eskalierte.“

Arslan bot sich ein schrecklicher Anblick: „Der Mann hatte in jeder Hand ein Messer – ein Küchenmesser und ein Teppichmesser. Und er stach mehrfach auf seine Frau ein.“ Ohne zu zögern, stürzte er sich auf den Mann.

„Dass ich mich damit selbst in Gefahr bringe, war mir in dem Moment völlig egal“, sagt er. „Ich wollte die Frau und auch die Familie meiner Schwester einfach nur beschützen. Ich hätte mein Leben gegeben.“ Der 23-Jährige schildert, wie es ihm gelang, den Mann zu überwältigen, den er als „rasend vor Wut“ beschreibt – so, als sei er nicht mehr er selbst gewesen. „Ich bin frontal auf ihn losgegangen, habe ihn zu Fall gebracht und am Boden fixiert.“ Dabei halfen ihm seine jahrelangen Erfahrungen im Kampfsport. Seit Jahren trainiert er MMA (Mixed Martial Arts), einen Vollkontakt-Sport, der Techniken aus Boxen, Ringen, Kickboxen, Judo und Brazilian Jiu-Jitsu kombiniert.

Blaulicht

Frau stirbt nach mutmaßlicher Gewalttat in Heppenheim – Ehemann festgenommen

Veröffentlicht
Von
Tom Kauffmann
Mehr erfahren

Natürlich habe der Mann versucht, sich zu wehren, „aber er hatte keine Chance“. Arslan hielt ihn in Schach, bis die Polizei eintraf – ganze 15 Minuten. „Die Minuten vergingen wie Sekunden“, berichtet er. Den Notruf hatte seine Schwester abgesetzt, die die schwer verletzte Frau zuvor in ihre Wohnung gezogen hatte. Und die Kinder? „Die Kinder sind in Todesangst auf die Straße gerannt“, sagt Arslan.

Auf seinem Instagram-Account schreibt der Heppenheimer, dass er nun Zeit brauche, um für seine Familie da zu sein und die Geschehnisse zu verarbeiten. Und er hofft, dass sein Handeln dazu beigetragen hat, „weiteres Leid zu verhindern – auch wenn ich das Leben meiner Nachbarin nicht retten konnte“.

Übrigens: „Arslan“ bedeutet im Kurdischen, wo der junge Mann seine Wurzeln hat, „Löwe“ – ein Symbol für Mut. Kaum ein Name könnte treffender sein.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen