Bürgerinitiative

Gegen Flugplatz Speyer regt sich weiter Widerstand

Eine Bürgerinitiative trägt das Thema Speyerer Flugplatz in den Kommunalwahlkampf. Ein Sprecher bezweifelt den Nutzen für die Allgemeinheit. Warum das Jahr 2044 entscheidend ist

Von 
Jörg Runde
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Der Verkehrslandeplatz in Speyer bietet seit mindestens zwei Jahrzehnten immer wieder Stoff für Streit. Auch auf der badischen Seite sieht man ihn kritisch. © K. Venus

Speyer. Und schon wieder schauen die Menschen an diesem Samstagnachmittag im April zum Himmel. Das Knattern des Propeller-Flugzeugs, das gerade über den Messplatz in Speyer fliegt, sorgt bei vielen Stadtbesuchern und vor allem bei Kindern für große Begeisterung, bewirkt bei den meisten Anwohnern jedoch genau das Gegenteil. „Der Lärm ist wirklich unerträglich geworden“, sagt André Wachholz von der Bürgerinitiative „Wir für Speyer“.

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Der 62-Jährige spricht stellvertretend für viele Bewohner der Stadt, die die Initiative unterstützen. Auch in Oberhausen-Rheinhausen und Altlußheim hat die Protest-Bewegung zahlreiche Anhänger. „Wenn die Hobbyflieger ihre Runden drehen, um das Starten und Landen zu üben, liegen die beiden Gemeinden exakt auf der Flugrunde. Dann haben die Menschen auch keine Ruhe“, sagt Wachholz. Und nicht nur das. Gerade in Oberhausen-Rheinhausen, wo sich 2018 ein Unfall mit einem Hubschrauber und einer Maschine auf Lehrflug mit vier Todesopfern ereignete, wissen sie genau, welche Gefahren vor allem die vielen Schulungsflüge mit sich bringen. Nur durch den zufälligen Absturz auf ein freies Feld entstand kein weiterer Schaden

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Wachholz würde auch deshalb den Verkehrslandeplatz lieber heute als morgen geschlossen sehen, um ihn für andere Zwecke zu nutzen. „Eine so große, schöne Grünfläche wäre ein Riesengewinn für die Bürger“, sagt Wachholz und denkt dabei an einen Freizeitpark nach dem Vorbild des Geländes des ehemaligen Flughafens Tempelhof in Berlin.

Dass daraus voerst nichts wird, ist auch Wachholz bewusst. Zuletzt hatte ihm ein Antrag der Grünen Hoffnung auf eine neue Entwicklung gemacht. Die Partei hatte einen Antrag gestellt, den Pachtvertrag vorzeitig zu kündigen. Doch Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) zog diesem Vorhaben auf einer Stadtratssitzung vor wenigen Wochen mal den Zahn: Die Stadt habe rechtlich gar keine Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen, sagte sie.

Der Pachtvertrag hat noch eine Laufzeit von 20 Jahren

Die Lage ist in der Tat klar: Der Stadt und einer Grundstückgesellschaft gehören 50 Prozent des Flugplatzes. Die anderen 50 Prozent hält ein anderer Gesellschafter. Eine Kündigung des Pachtvertrags für den rund 50 Hektar großen Flugplatz ist aber nur möglich, wenn beide Gesellschafter zustimmen. Das ist hier nicht der Fall.

Da der Vertrag noch eine Laufzeit von 20 Jahren hat, ist laut Bürgermeister eine Kündigung also erst 2043, ein Jahr vor der Vertragsende, möglich. Nicht nur für Wachholz ist eine so lange Zeit mit dem Flugplatz ein echtes Horror-Szenario. Auch die Grünen in Speyer sehen dringenden Handlungsbedarf. Hannah Heller, Fraktionsvorsitzende der Partei in Speyer, sagt: „Die Emissionen des Verkehrslandeplatzes steigen jährliche und nur wenige Menschen profitieren von dem Flugplatz. Wir brauchen eine neue Kosten-Nutzen-Abschätzung zum Wohle der Umwelt und der Mehrheit der Menschen, die in Speyer leben.“

60.000 Starts und Landungen pro Jahr belasten Anwohner

In der Tat nehmen die Flugbewegungen in Speyer jedes Jahr zu. Rund 60.000 Starts und Landungen bedeuten bereits jetzt eine Belastung für die Anwohner und die Umwelt durch Lärm, Feinstaub und CO2-Ausstoß. Durch den unlängst genehmigten Instrumentenanflug werden zudem statt den bisher rund 2000 Jets zukünftig mehr als 4.500 erwartet. „Auch das bedeutet eine deutliche Zunahme an Lärm und Luftverschmutzung“, sagt Wachholz und fügt an: „Dass Jets die größten Klimakiller sind, weiß ja mittlerweile jedes Kind.“

So ist das Ziel der Stadt Speyer, in den kommenden Jahren CO2-neutral zu werden, nahezu unerreichbar. Maria Montero Muth von der Fraktion „Unabhängig für Speyer“ fordert deshalb auch, dass die Stadt etwas gegen die Entwicklung unternehmen muss: „Die Menschen werden krank. Das ist nachgewiesen. Man muss alles tun, um die Bürger davor zu bewahren.“

Argumente, die auch angesichts eines Klimapakts zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und der Stadt eigentlich ziehen müssten. „Statt etwas zu für die Umwelt zu tun, unterstützt die Politik eine kleine Anzahl Menschen, die ihrem Hobby oder ihrem Geschäftstreiben nachgehen“, sagt Wachholz. Die Flugtouristen, die mal eben aus der Schweiz, Frankreich oder irgendwo in Deutschland auf einen Kaffee nach Speyer fliegen, nerven ihn besonders. Ob es genau die Nutzer des Flughafens sind, die gemeint sind, wenn die Vertreter der CDU, FDP und SPD sagen, der Flugplatz sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der Speyer für Unternehmen attraktiv mache und den Stellenwert der Stadt für die Metropolregion untermauere? Wachholz, der sein Engagement vor allem für seine fünf Enkelkinder betreibt, hat auf alle seine Nachfragen bisher keine präzisen Daten erhalten, wie sich der Flugplatz positiv auf den Wirtschaftsstandort auswirkt „Der Flugplatz ist ein Zuschussgeschäft. Aus meiner Sicht werden hier Steuermittel ohne Wirkungsbeleg ausgegeben.“

Er will, genauso wie Hannah Heller, in der nächsten Ratsperiode Druck machen. Das Ziel ist klar. Das Gelände soll irgendwann einmal ökonomisch sinnvoll und möglichst mit einem positiven Effekt für alle Bürger genutzt werden.

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