Hockenheim. Der Fahrer des bulgarischen Lkw ist in den vergangenen Tagen weit herumgekommen, doch bei Hockenheim ist für ihn erst einmal Schluss. Von einem Polizeimotorrad mit Blaulicht wird er am Dienstag von der Autobahn Mannheim-Sinsheim (A6) auf die Raststätte Am Hockenheimring West eskortiert, wo die Sonderkontrolle „Gefahrgut“ ansteht. Spezialisierte Beamte des Polizeipräsidiums Mannheim nehmen hier zusammen mit Kollegen von Wasserschutzpolizei, Zoll, der Sonderabfallagentur BW und des Rhein-Neckar-Kreises Gefahrgut-Lkw unter die Lupe, die vorne und hinten anhand von orangefarbenen Warntafeln zu erkennen sind.
Polizei kontrolliert Lkw auf Autobahn bei Hockenheim: "Einfache bis gravierende Fehler"
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das genaue Hingucken sich lohnt. Die Beanstandungsquote liege „im Schnitt“ bei 70 Prozent, berichtet Polizeihauptkommissar Thomas Schult, einer von zwei Kontrollstellenleitern. Die Spanne reiche dabei „von einfachen bis zu gravierenden Fehlern“, also beispielsweise von Verstößen gegen Sozialvorschriften und Ladungssicherung bis hin zu schwerwiegenden Dingen, etwa defekten Bremsen oder einer Manipulation an den Kontrollgeräten.
Bei dem Fahrer des bulgarischen Lkw sieht es auf den ersten Blick so aus, als ob er zu viel geladen hätte. Der Mann, der in Irland, Großbritannien und Belgien Ware aufgenommen hat und vor der Rückfahrt nach Bulgarien Zielorte in Deutschland ansteuert, habe den Unterlagen zufolge 42 Tonnen brennbare Farbe und Polyester-Planen auf dem Hänger, berichtet Polizeioberkommissar Philipp Ritz. „Und das passt nicht.“ Denn zusammen mit Zugmaschine und Auflieger käme er so auf ein Gesamtgewicht von etwa 50 Tonnen, es seien aber nur 40 Tonnen erlaubt.
Also muss der Mann mit seinem Lkw die Waage ansteuern, angewiesen von Polizeihauptkommissar Uwe Welle. Heraus kommen nach Ritz’ Angaben aber lediglich 36 Tonnen. Wie das? Irgendwo liege in den Dokumenten ein Fehler vor, vielleicht ein Umrechnungsfehler, „dass mal ein Komma verrutscht ist“ oder eine falsche Zahl sich eingeschlichen habe, so der Beamte. „Da kann auch er nicht mal was dafür.“
Manche Lkw-Fahrer sind zu schnell unterwegs
Der Fahrer, der neben seinem Lkw wartet, darf trotzdem nicht weiter, denn er war zu schnell. Die Kontrolle habe ergeben, dass er die für Gefahrgut-Lkw vorgegebene Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern am Dienstag mehrfach deutlich überschritten habe, so Ritz. 240 Euro muss er zahlen – weil es um mehrere Fälle ging und weil Tempoverstöße mit Gefahrgut-Lkw mehr kosten als mit „normalen“ Fahrzeugen.
Bis zu 96 Stundenkilometer war er schnell, wo genau, das können die Beamten nicht sagen, aber zu seinen Gunsten wird – wie in solchen Fällen üblich – angenommen, dass es auf der Autobahn war, vermutlich bergabwärts. Zwar habe der Lkw eine Begrenzung auf maximal 80 Stundenkilometer, sagt Schult, aber man könne „die Kupplung wegdrücken“, wenn man den Berg herunterfahre, dann sei in der Spitze auch Tempo 110 möglich. Mit so einem schweren Lastwagen sei das aber Wahnsinn, so Schult, das Bremsen in Gefahr sei dann anders als bei Tempo 80, „das ist ja wie eine Bombe, die durch die Gegend fährt“.
Direkt vor Ort nachbessern muss ein Mann, der für ein Recyclingunternehmen Schuttmulden mit Gusseisenspänen als Abfall befördert. Er hätte die Mulden in abgedecktem Zustand befördern sollen, dem sei aber nicht so gewesen, so Schult. Das Gusseisen könne – je nach Zusammensetzung – in Verbindung mit Regenwasser Wärme entwickeln. Außerdem würden die Mulden durch das Wasser schwerer als vorgesehen. Der 62 Jahre alte Fahrer findet es nach eigenen Angaben gut, dass kontrolliert wird. Es müsse alles in Ordnung sein, sagt er, nachdem er die Mulden abgedeckt hat. Er bekommt eine Anzeige, aber eben auch „mildernde Umstände“, weil er mitgeholfen hat, das Übel zu beseitigen.
Polizisten appelieren an die Einsicht der Fahrer
„Uns ist eigentlich mehr daran gelegen, mit dem Fahrer zu reden und ihn davon zu überzeugen, dass das leichtsinnig war und dass man das in der Zukunft unterlässt“, so Thomas Schult. „Diese Einsicht bei dem Fahrzeugführer zu erzielen, das ist wesentlich fruchtbarer, als jemanden Geld bezahlen zu lassen.“ Meistens zeigten sie sich auch einsichtig – und gäben an, sie wollten Zeit sparen. Denn sie stünden unter Druck. Die Polizei versuche aber, „soweit zu ermitteln, dass die Fahrer nicht immer die letzten sind, die Geld bezahlen sollen“.
Und noch einer muss anhalten. „Er wurde gefilmt, als er während der Fahrt sein Mobiltelefon benutzt hat, das ist ja, wie man weiß, verboten“, sagt Erster Polizeihauptmeister Mario Schönleber.
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