Klettern

Gefahr gebannt: Felsbrocken in Weinheimer Jakobswand gesichert

Ein Felsbrocken drohte an der Jakobswand in Weinheim abzustürzen, doch rasches Handeln verhinderte die Katastrophe.

Von 
Michael Callies
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In rund 50 Metern Höhe führen Spezialisten derzeit an der Jakobswand Felssicherungsmaßnahmen durch. Ein Gesteinsbrocken hatte sich gelöst. © Fritz Kopetzky

Weinheim. Nur um Haaresbreite konnte eine Katastrophe verhindert werden: In den vergangenen Tagen drohte ein gewaltiger Porphyrfelsbrocken – rund sechs bis sieben Tonnen schwer –, aus der imposanten Jakobswand herauszubrechen und ungebremst auf das Gelände der Sektion Weinheim des Deutschen Alpenvereins (DAV) in der Birkenauer Talstraße zu stürzen. Doch die aufmerksamen Vereinsverantwortlichen bemerkten gerade noch rechtzeitig eine sich bedrohlich vergrößernde Spalte im Gestein und handelten umsichtig. Vor gut drei Wochen wurde die gesamte Anlage (bis auf den Kletterturm) vorsorglich gesperrt. Jetzt herrscht Hochbetrieb an der Wand: Gleich vier Spezialisten einer Würzburger Felssicherungsfirma hängen in schwindelerregender Höhe an Seilen, während sie mit schwerem Gerät gegen den Fels ankämpfen. Der Koloss soll fixiert und gesichert werden, darunter soll ein engmaschiges Sicherheitsnetz zusätzlichen Schutz für Kletterer und Besucher der Anlage bieten.

„Wenn alles nach Plan läuft, sind wir in den nächsten Tagen fertig“, berichtet Wolfgang Pluschke, Sicherheitsbeauftragter des Vereins. Mit vier Meter langen Bohrern durchdringen die Männer in rund 50 Meter Höhe den Fels, um anschließend mindestens acht massive Anker zu setzen. Sie sollen dafür sorgen, dass der drohende Felssturz endgültig verhindert wird – ein echter Kraftakt gegen die Kräfte der Natur. Für die Mitglieder und Kletterer bedeutet die aktuelle Situation zwar eine spürbare Einschränkung – doch nehmen sie sie mit bemerkenswerter Gelassenheit in Kauf. Die Jakobswand, bekannt für ihre Herausforderungen, bietet rund 15 Routen mit zahlreichen Varianten im Schwierigkeitsgrad 4 bis 10. Mit bis zu drei Seillängen ist sie ein beliebtes Trainingsrevier – gerade für jene, die sich auf alpine Abenteuer vorbereiten wollen. Umso schwerer wiegt der Eingriff.

Rund 20.000 Euro werden die Felssicherungsmaßnahmen kosten

Durch die Manipulation am Felsen wird jetzt der obere Teil einer Route unzugänglich gemacht. „Das werden alle verkraften“, gibt sich Karola Pluschke vom Vorstand überzeugt. Auch, dass die große Jubiläumsfeier – immerhin begeht der Verein in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen – vom 28. Juni in den Herbst verschoben werden musste, wird mit Fassung getragen. Rund 3.600 Mitglieder zählt der Weinheimer Alpenverein, von denen einige regelmäßig in die imposante Jakobswand einsteigen.

Jakobswand Weinheim

  • Die Jakobswand Weinheim ist ein Kletterparadies , das die Weinheimer Sektion des Deutschen Alpenvereins betreibt.
  • Die bis zu 60 Meter hohe Steinwand ist das Relikt eines ehemaligen Steinbruchs.
  • Sie wurde nach Angaben des Vereins in den 1980er Jahren aufwändig gesichert und in einen Klettergarten umgewandelt.
  • In der Kletterwand gibt es rund 15 Routen mit mehreren Varianten in allen Schwierigkeitsgraden .
  • Sie gilt unter Fachleuten als gute Gelegenheit , sich auf anspruchsvolle Touren vorzubereiten und alpine Mehrseillängen zu üben. bjz

Damit das Problem mit dem Felsbrocken aus der Welt geschafft wird, nimmt der Verein jetzt viel Geld in die Hand. Rund 20.000 Euro werden die Felssicherungsmaßnahmen kosten. Wie fragil die Situation wirklich ist, wurde bei den jüngsten Arbeiten der Spezialisten deutlich. Ein kleinerer Felsbrocken löste sich plötzlich und stürzte in die Tiefe. Zum Glück kam niemand zu Schaden. „Ein wenig mulmig war uns da schon, aber es ist niemandem etwas passiert“, berichtet das Vorstandsmitglied mit spürbarer Erleichterung.

Gestein lebt – zumindest im geologischen Sinne

Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass sich Fels aus einer Wand löst? „Das ist ein natürlicher Prozess“, erklärt Wolfgang Pluschke. Gestein lebt – zumindest im geologischen Sinne. Hitze am Tag und Kälte in der Nacht lassen es arbeiten: Es dehnt sich aus, zieht sich zusammen. Diese ständigen Spannungen graben sich tief ins Innere, erweitern Risse, die oft mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind. Dringt dann Wasser in diese feinen Spalten und gefriert, wirkt es wie ein Sprengkeil – es dehnt sich aus und sprengt das Gestein Stück für Stück auseinander. Auch Pflanzen tragen ihren Teil bei: Wurzeln, die sich unbemerkt ihren Weg in den Fels suchen, können gewaltige Kräfte entfalten und weiteres Gestein lösen.

Dort oben hat sich ein Spalt aufgetan. Karola und Wolfgang Pluschke sind erleichtert. Die Sicherungsmaßnahmen sollen bald abgeschlossen sein. © Fritz Kopetzky

Ein wachsamer Blick hat möglicherweise Schlimmeres und vielleicht sogar eine Katastrophe verhindert. Vereinsmitglied und Geologe Matthias Vogler entdeckte bei einer Klettertour an der Jakobswand den neu entstandenen Spalt und zögerte nicht, sofort Alarm zu schlagen. Sein schnelles und überlegtes Handeln dürfte entscheidend gewesen sein, dafür, dass nichts passiert ist und niemand zu Schaden gekommen ist.

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