Rhein-Neckar. 2019 war Benjamin Wageners Jahr. Seine Filmdokumentation „Hiwwe wie Driwwe“ avancierte in den Kinos der Region zu DEM Überraschungserfolg schlechthin. Für die Dreharbeiten reiste Wagener mit seiner Crew nach Pennsylvania, wo das Filmteam nach Spuren des pfälzischen Dialekts suchte, den Auswanderer aus der Kurpfalz vor mehr als 300 Jahren in die USA brachten. Ihr „Pälzisch“ des 18. Jahrhunderts verschmolz mit dem Englischen zum sogenannten „Pennsylvania Dutch“. Rund 400 000 Amerikaner sprechen bis heute den Dialekt.
Und so strömten tausende Pfälzer und Pfalzliebhaber Ende der 2010er-Jahre in die Kinos. Irgendwann in dieser Zeit erreichte Benjamin Wagener eine Zuschrift. Jemand schrieb ihm, dass gerade eine brasilianische Theatergruppe um den bekannten Comedian Betinho Klein in Neustadt an einem kleinen Theater gastiere. Wagener besuchte eine der Vorstellungen, er lernte Betinho Klein kennen, den die Brasilianer in seiner Paraderolle als „Herta“ feiern – und ahnte nicht, dass sich ihre Wege sechs Jahre später erneut kreuzen würden: in der brasilianischen Pampa, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. So erzählt Wagener es Mitte Mai im Gespräch mit dieser Redaktion.
Über zwei Millionen Menschen in Brasilien sprechen „Riograndenser Hunsrückisch“
Die südamerikanische Mundartszene faszinierte Wagener und ließ ihn nicht los, auch während der Fortsetzung der Kultdokumentation „Hiwwe wie Driwwe zwää – Als ob emol ned gelangt hädd“ nicht, die im Frühjahr 2024 in die Kinos kam. Und so stand für ihn schon sehr bald fest, dass die Suche nach Spuren des Pfälzer Dialekts die Filmcrew im nächsten Schritt nach Südbrasilien führen würde. In die „Pampa“, die sich über den Süden Brasiliens, Argentinien und Uruguay erstreckt. In der brasilianischen Pampa sprechen heute über zwei Millionen Menschen sogenanntes „Riograndenser Hunsrückisch“, einen Dialekt, den ihre Vorfahren aus der West- und der Nordpfalz vor über 200 Jahren mitbrachten.
„Ein Auslöser der Auswanderung nach Brasilien war das Werben von Leopoldine, die 1822 Kaiserin von Brasilien wurde“, sagt Mundartexperte Michael Landgraf, der das Team wieder mit seinem Fachwissen zu Sprache und Historie unterstützt. Die Tochter von Kaiser Franz I. von Österreich habe 1817 den portugiesischen Kronprinzen Pedro geheiratet, der Kaiser des später unabhängigen Brasilien wurde. Vor rund 200 Jahren warben Leopoldine und Pedro Siedler aus dem Hunsrück, der Nord- und Westpfalz sowie weiteren deutschsprachigen Regionen an, die nach Südamerika reisten, um im Bundesstaat Rio Grande do Sul ein neues Leben zu beginnen.
Nicht nur Menschen aus der Pfalz wanderten damals aus
Hinzu kamen viele Wolgadeutsche, die Katharina die Große um 1763 aus der Pfalz an die Wolga lockte und von denen viele – aufgrund der Auflösung der Selbstbestimmung unter Zar Alexander II. im 19. Jahrhundert – nach Amerika emigrierten. Auch Donauschwaben, die nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden, siedelten in der Region. Wolgadeutsche und Donauschwaben sprechen ebenfalls einen mit dem Pfälzischen verwandten Dialekt.
„Der Film zeigt, dass es noch sehr vieles gibt, was wir über Auswanderungen lernen können“, sagt Regisseur Wagener. „Außerdem kann man einfach nicht genug lachen.“ Wer die ersten beiden Teile der Filmreihe kennt, weiß, wovon Wagener spricht.
Im ersten Streifen ging die Crew nicht nur in den USA auf Spurensuche, sondern begleitete auch den amerikanischen Deutschlehrer, Musiker und YouTuber Douglas Madenford in die Pfalz – dabei, wie er Comedian Christian Chako Habekost traf oder Pfälzer Saumagen probierte.
In „Hiwwe wie Driwwe zwää“ waren die Zuschauerinnen und Zuschauer mit dem Fußgönheimer Mundart-Musiker Monji El Beji unterwegs, auch bekannt als Sänger der Pfalzrock-Band „Fine R.I.P.“ und der „Woifeschdkänisch“. In der Pfalz nahm der Sänger sie mit auf die Kalmit, den höchsten Berg des Pfälzerwalds, zum berühmt-berüchtigten Klapprad-Cup. Und sie begleiteten ihn die USA, wo er – auch mit dem Klapprad – durch Pennsylvania fuhr, sich an der „Sprooch“ vor Ort versuchte und schließlich einen alten Bekannten aus Teil Eins traf: Doug Madenford.
Was im neuen Film geplant ist
Im neuen Film „Dehäm. Pälzer in de Pampa“ soll es ein Wiedersehen mit beiden geben. Geplant ist etwa, dass Monji und Doug bei einem Dialekt-Theaterstück mitwirken, sich mit Journalisten des Radiosender „Radio Imperial“ treffen – und natürlich mit Comedian Betinho Klein. Auch auf dem Programm: Besuche eines Bauernhofs, auf dem „Schmieres“ (Marmelade) produziert wird, und in einer Brauerei, in der es „Hunsrück“-Bier geben soll.
Wagener war bereits im November 2024 einige Wochen zur Recherche in Südbrasilien, im Herbst sollen die Dreharbeiten für den neuen Film beginnen. Die Projektkosten belaufen sich auf über 250.000 Euro, hier hofft die Filmcrew wieder auf Sponsorengelder und Privatspenden – eine Crowdfunding-Kampagne dazu ist am 25. Mai gestartet. Bei der Medienförderung Rheinland-Pfalz haben Wagener und sein Team ebenfalls wieder einen Förderantrag für die Produktionskosten eingereicht.
Witzige Roadmovie-Szenen und Wissensvermittlung
„Ich bin sehr gespannt auf das Leben dort, auf die Menschen und ihre Sprache und natürlich auch auf ihr Essen“, sagt Protagonist Monji El Beji. Vor allem auf die nicht planbaren, überraschenden Momente freue er sich. Wer weiß, vielleicht lerne er dort tatsächlich sogar noch Portugiesisch, sagt El Beji und lacht.
Der Mundart-Musiker hat zusammen mit Christoph Erbach, dem Bassisten von Fine R.I.P., den Soundtrack für den zweiten Film geschrieben – geplant ist das auch für den neuen Film, der den Sozialpädagogen El Beji „richtig stolz“ macht. Denn neben den vielen witzigen Roadmovie-Szenen gehe es in dem Film stark um Wissensvermittlung. Um das, was uns Menschen ausmacht und das, was kulturhistorisch über Jahre bestehen bleibt.
Crowdfunding-Kampagne
Wer das Filmteam bei der Finanzierung des Projekts unterstützen möchte, kann dies über die Crowdfunding-Kampagne unter startnext.com/dehaem-paelzer-in-de-pampa tun.
Unterstützer können dabei zwischen verschiedenen Optionen wählen , zum Beispiel der Namensnennung im Abspann, einem Premierenticket plus Überraschung, einem Pfälzer Paket oder einem XXL-Filmpaket. Auch im Angebot: eine Original-Filmklappe, handsigniert, die zum Start der Kampagne ereits vergriffen war.
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