Familienfest gegen Fremdenhass

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In Worms demonstrierten am Samstagnachmittag hunderte Menschen gegen eine Kundgebung der NPD.

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Das kleine Mädchen schleckt genüsslich an einem Schokoladeneis, in der rechten Hand hält es einen Luftballon. Mit der anderen Hand klammert sich die Kleine an ihren Vater. Dass sie an einer Demonstration gegen Rechtsextremismus in Worms teilnimmt, weiß sie nicht. "Dafür ist sie zu klein", sagt ihr Vater. Der Wormser ist mit seinen beiden Töchtern und der Ehefrau vor das Südportal des Kaiserdoms gekommen, um gegen einen Kundgebung der NPD in der Nibelungenstadt zu demonstrieren. "Wenn wir den Kindern vorleben, dass wir Fremdenfeindlichkeit nicht tolerieren, dann prägt sie das."

Es ist ein Fest der Vielfalt, das die Stadt gestern organisiert hat und an dem etwa die Kirchen, die demokratischen Parteien und einige Vereine teilnahmen. Viele Eltern hatten ihre Kinder dabei. Schüler, Studenten und Senioren verfolgten das Programm auf der Bühne, das die Veranstalter unter das Motto "Worms ist bunt" gestellt hatten. Gedichte von Bertolt Brecht wurden rezitiert, im Dom wurde eine ökumenische Mittagsmesse gefeiert, vor der Kirche sang ein Chor der afrikanischen Gemeinde.

Oberbürgermeister Michael Kissel (SPD) wünschte sich ein "fröhliches Fest vor ernstem Hintergrund", sagte er in seiner Eröffnungsrede. Worms sei eine tolerante und weltoffene Stadt. Mehr als 150 Nationen lebten hier friedlich zusammen. Für Fremdenhass gebe es keinen Platz. "Wir wollen keine Nazis in unserer Stadt", sagte Kissel und erntete Beifall von den Zuhörern. Mit Blick auf die Kommunal- und Europawahl rief er die Bürger dazu auf, zu verhindern, dass rechtsextreme Parteien in die Parlamente einzögen. Zudem müsse die NPD vom Verfassungsgericht verboten werden. Heiner Boegler vom Bündnis gegen Naziaufmärsche warnte in einer Rede insbesondere davor, dass rechtsextremes Gedankengut immer häufiger salonfähig werde, wie etwa die Kommunalwahl in Frankreich zeige.

In der Innenstadt versammelten sich laut Polizei 25 Neonazis. Sie wurden von 400 Gegendemonstranten empfangen, die gegen die Rechtsextremen lautstark protestierten und ihnen buchstäblich die rote Karte zeigten. Die Polizei hielt die Lager mit einem Großaufgebot auseinander. Es blieb aber friedlich.

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