Frankenthal/Zweibrücken

Fall Zoe: Oberlandesgericht hat über Haft entschieden

Bleibt der wegen Mordes verurteilte Mann aus Ludwigshafen in U-Haft oder kommt er wieder vorzeitig frei? Darüber hat das höchste Pfälzische Gericht nun entschieden. Zuvor hatte einer der zuständigen Richter selbst angezeigt, weil er befangen sein könnte

Von 
Agnes Polewka
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Freunde der getöteten Zoe haben zu Beginn des Prozesses Gerechtigkeit gefordert. Seitdem hat der Fall immer wieder hohe Wellen geschlagen. © Simone Jakob

Das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) hat entschieden: Ein Mann, der wegen Mordes und Vergewaltigung verurteilt worden ist, bleibt in U-Haft – wegen Wiederholungsgefahr. Weil das Risiko bestehe, der Mann könne wieder eine Frau verletzen oder sie töten. Es ist eine Entscheidung, die viele Menschen mit Erleichterung erfüllen dürfte. Und doch hat sie einen Beigeschmack, denn der Senat des OLG kam hierzu in veränderter Besetzung zusammen. Einer der zuständigen Richter, der Vorsitzende des Strafsenats am Oberlandesgericht, hatte sich nach Angaben der Justizbehörde selbst angezeigt, weil er befangen sein könnte.

Die Entscheidung markiert die nächste Entwicklung im Fall Zoe, der in den vergangenen Monaten hohe Wellen geschlagen hat: Am 2. August 2022 wurde der 19-jährige Lukas V. aus Ludwigshafen zu zehn Jahren Haft verurteilt – wegen Mordes, Vergewaltigung mit Todesfolge und sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich bereits über zwei Jahre in U-Haft. Weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist – Staatsanwaltschaft, Verteidigung und eine Nebenklägerin haben Revision eingelegt – blieb V. weiter in U-Haft.

Dagegen hatte sein Verteidiger Alexander Klein Haftbeschwerde eingelegt. Und das OLG in Zweibrücken gab ihm Recht. Lukas V. wurde vorzeitig aus der Haft entlassen. Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen. Mitte November informierte die Staatsanwaltschaft dann wieder über neue Entwicklungen. V. sei wieder in Haft, schrieb die Frankenthaler Justizbehörde in einer Mitteilung. Die Polizei habe in einer anderen Sache gegen den Mann ermittelt und sei dabei auf Chatverläufe gestoßen, die Grund zu Besorgnis gäben, sagte der Leitende Staatsanwalt Hubert Ströber im Gespräch mit dieser Redaktion. Wieder legte Strafverteidiger Klein Haftbeschwerde ein. Und blieb optimistisch, dass sein Mandant wieder frei käme. Doch dies hat das OLG nun abgelehnt. Die lange U-Haft von V. habe man im gleichen Maße berücksichtigt wie bei den Beratungen über die erste Haftbeschwerde, hieß es in einer Mitteilung. Doch seien diesmal „völlig neue Gesichtspunkte eingeflossen – wie der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung und der Unversehrtheit von Körper und Leben“, so das OLG in seiner Begründung. Dies habe schwerer gewogen, so das höchste pfälzische Gericht.

Verteidiger Klein kündigte am Mittwoch an, eine Beschwerde beim Verfassungsgericht sorgfältig zu prüfen, um „eine Haftentlassung noch vor der BGH-Entscheidung zu erwirken“ – der BGH entscheidet voraussichtlich frühestens im März 2023 darüber, ob das Urteil gegen V. Bestand hat. Denn: Bei V.’s Wiederinhaftierung sollen Frankenthaler Richter ihren Kollegen in Zweibrücken angerufen haben, bevor sie V. wieder verhaften ließen, und ihn um eine juristische Bewertung gebeten haben. Jenen Kollegen, der sich selbst wegen Befangenheit angezeigt hat und der zur Kontrollinstanz der Frankenthaler gehört.

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