Das Wichtigste in Kürze
- Reinhard Hofmann öffnet die Becker-Villa in Leimen.
- Boris Beckers Insolvenz führte zum Verkauf des Hauses.
- Beckers Mutter Elvira Becker lebte bis 2024 im Erdgeschoss der Villa.
Leimen. Ist das eine weise Voraussicht oder pure Selbstironie? Das wichtigste Detail in der sogenannten „Becker-Villa“, Im Schilling 21 gelegen, hängt an einer unscheinbaren Wand mit längsgestreifter 80er-Jahre-Tapete im Untergeschoss. Es ist der Auszug aus einer Rede von Karl-Heinz Becker, der 1999 im Alter von 64 Jahren an Bauchfellkrebs verstarb.
Anlässlich der Einweihung der Mercedes-Autohäuser Boris Becker GmbH & Co. in Stralsund und Ribnitz-Damgarten hielt der Vater von Tennisikone Boris Becker am 23. September 1994 die Familien-Leitsprüche auf einem Plakat fest: „1. Nur wer ständig versucht, von sich selbst das letzte an Leistung abzuverlangen, wird über den Durchschnitt hinauskommen. 2. Die Ausgaben müssen sich an den Einnahmen orientieren. 3. Der Garant des Erfolges ist das ständige Wollen.“
Boris Becker, Sportstar und Steuersünder, war noch nicht mal 27, als sein Vater diese Worte wählte. Hätte er die Zeilen doch nur öfter gelesen. Der heute 57-Jährige tourt gerade mit seinem neuen Buch. „Inside. Gewinnen – Verlieren – Neu Beginnen“ durch die Republik. Becker beschreibt dort den brutalen Alltag in 231 Tagen Haft, seine Gedanken, seine Begegnungen mit Mithäftlingen, seine Funktion als Mathematik- und Englischlehrer, als Fitnesstrainer und Kloputzer. Und er beschreibt seine innere Reinigung. Er widmet das Buch posthum seiner Mutter Elvira, die bis zu ihrem Tod im vergangenen Jahr in Leimen lebte.
Becker-Villa von britischem Insolvenzverwalter erworben
Dort öffnet heute Reinhard Hofmann die Türe, der das Haus im Mai 2022 gekauft hat. Am 27. Januar dieses Jahres bekam Hofmann die Schlüssel des Hauses von den Beckers. Schon viel länger gehört ihm das Gebäude, in dem sich das Architekten-Büro von Karl-Heinz Becker einst befand. Dort wuchsen Boris und seine Schwester Sabine auf.
Der Steuerberater aus Baden-Baden war in Zeiten von Beckers Insolvenzvergehen in Großbritannien ein, wie Hofmann selbst sagt, „menschlicher Berater und Helfer in der Not“. Er habe das 450 Quadratmeter große Haus vom britischen Insolvenzverwalter Mark Ford erworben, „damit das Insolvenzverfahren zu Ende gebracht worden ist und Boris Becker finanziell wieder frei wird“, so Hofmann auf Nachfrage.
Der einstige Diplom-Finanzwirt, Steuerberater und Fachberater für Internationales Steuerrecht, Musikfreund, Lehrbeauftragte der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe, Reiseliebhaber, Leichtathlet und badische Meister im Zehnkampf ist Allrounder und Selfmademan. Insbesondere Sport ist sein Lebenselixier.
Hofmann erinnert daran, dass Boris einst viel für Deutschland getan habe. Mit dessen Wimbledon-Triumph 1985 sei ein Hype entstanden. „Im Grunde genommen herrschte 1985 eine ähnliche Stimmung wie nach dem WM-Erfolg 1954 der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Bern“, sagt Reinhard Hofmann. Später wird der Mann nach eigener Darstellung Ratgeber, Krisenmanager und Freund von Boris Becker.
„Boris hat sicher Fehler gemacht, aber wenn jemand am Boden liegt, sollte man nicht auf ihn drauftreten, sondern helfen“, schreibt er in seinem zehn Kapitel umfassenden Buch „Der Zehnkampf meines Lebens“, das im Oktober 2023 in kleinerer Auflage erschienen ist.
Boris Beckers Anwalt Oliver Moser hat einigen Darstellungen von Reinhard Hofmann schon in der Vergangenheit widersprochen. So schrieb er am 30. Januar 2025 auf Anfrage dieser Redaktion: „Herr Hoffman hat lediglich das Haus erworben, welches in Folge der privaten Insolvenz meines Mandanten von dem Insolvenzverwalter verwertet wurde. (…) Dabei spielte keine Rolle, ob Herr Hoffmann oder ein beliebiger Dritter die Immobilie erworben hat, denn diese wurde nicht von Herrn Becker, sondern durch den Insolvenzverwalter der Allgemeinheit zum Kauf angeboten. Schicksal und Ende der Insolvenz haben also nichts mit dem Erwerb des Hauses durch Herrn Hoffmann zu tun.“
Kontakt endete mit Entlassung von Boris Becker aus dem Gefängnis
Hofmann und Becker lernen sich 2020 kennen. Die Insolvenzvergehen und die Verschleierung von Vermögenswerten schweben wie ein Damoklesschwert über Beckers Kopf. Bei einem Aufenthalt in Potsdam ruft ihn Boris an. Am 8. Mai 2020 kommt Becker bei Hofmann in Baden-Baden vorbei. Der Kontakt wird enger. Sie treffen sich mehrmals, schreiben sich Nachrichten, telefonieren vor und während des Prozesses.
So schildert Hofmann die Geschichte. Am Abend vor dem Urteilsspruch des Londoner Southwark Crown Court am 29. April 2022 erhält er demnach erneut einen Anruf von Boris: „Es könnte sein, dass ich verurteilt werde.“ Die Kommunikation zwischen dem Gefangenen „A2923EV“ und dem erfahrenen Steuerberater setzt sich während Beckers Gefängnisaufenthalt in Huntercombe fort.
Doch quasi seit Beckers vorzeitiger Entlassung am 15. Dezember 2022 und Abschiebung nach Deutschland herrscht urplötzlich Funkstille – bis zum heutigen Tag. Reinhard Hofmann erklärt: „Ich bin enttäuscht über sein Verhalten. Boris geht über Menschen hinweg, die ihm in der größten Not zur Seite standen.“ Und er ergänzt dennoch versöhnlich: „Ich möchte ihn nicht schlechtmachen. Das Wichtigste im Leben ist, Menschen zu verzeihen.“ Darüber hinaus betont Reinhard Hofmann, zu keinem Zeitpunkt in einer Geschäftsbeziehung zu Becker gestanden und diesem nie Geld geliehen zu haben.
Reinhard Hofmann besitzt zweites Objekt aus Becker-Familie
Was bleibt? Die Erinnerung an Elvira Becker, die laut Reinhard Hofmann eine „feine, stolze und einsame Frau“ gewesen sei. Nach dem Tod ihres Mannes Karl-Heinz im Jahr 1999 bewohnte sie bis zu ihrem Lebensende Ende 2024 das Erdgeschoss der „Becker-Villa“ und nutzte Teile des großzügigen Wellness-Bereichs. Elvira Becker genoss ein lebenslanges Wohnrecht, das seit langem im Grundbuch der Stadt Leimen eingetragen worden war. Zwei der vier Stockwerke – mit allerfeinsten Materialien und für damalige Verhältnisse mit fortschrittlichster Technik ausgestattet - blieben ungenutzt.
Wie diese Redaktion erfuhr, wollte Boris Becker das vom Vater selbst entworfene Haus von 1990 erst nach dem Tod seiner Mutter verkaufen. Doch da sein Geld ausging, kam alles völlig anders. Zwischenzeitlich wurde die „Becker-Villa“, die vor 35 Jahren für rund 4,6 Millionen Mark errichtet worden war, zum Verkaufspreis von 1,97 Millionen Euro Ende 2020 auf dem Immobilienmarkt angeboten.
Die Becker-Villa
Besitzer: Dr. Reinhard Hofmann, Baden-Baden (seit Mai 2022)
Baubeginn: 1990; Bezug: 1992; Schlüsselübergabe: 27. Januar 2025
Grundstücksgröße: 825 Quadratmeter; Wohnfläche: 450 Quadratmeter (rund 9,5 Zimmer, 7 Schlafzimmer und 3 Badezimmer, Garten und Terrasse mit Rheintalblick, zwei Garagen)
Einstige Kosten: Rund 4,6 Millionen Mark
Architekt: Karl-Heinz Becker
Buchtipp: Boris Becker mit Tom Fordyce, „Inside: Gewinnen – Verlieren – Neu Beginnen“, Ullstein Buchverlag, 352 Seiten, Erscheinungstermin 10. September, 2025, Preis 24,99 Euro jog
Die offizielle Schlüsselübergabe an den neuen Eigentümer Hofmann erfolgte am 27. Januar 2025. Hofmann und seine zwei Angestellten haben inzwischen den Garten des 825-Quadratmeter-Grundstücks auf Vordermann gebracht.
Der Leitspruch auf der Tapete in der Becker-Villa
Was soll mit dem stattlichen Gebäude, von dem aus sich ein spektakulärer Blick auf die Rheinebene bietet, in naher Zukunft geschehen? Vermieten und Verkaufen? Noch hat sich Hofmann nicht endgültig entschieden. Selbst einziehen will er auf keinen Fall. Aber auch für ihn gilt in gewisser Weise der zweite Satz des Leitspruchs von der Becker’schen Tapete: „Die Ausgaben müssen sich an den Einnahmen orientieren.“
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