Blaue Adria - Expertin sieht keine Möglichkeit, dem Blaualgen-Problem schnell Herr zu werden / Im Adriaweiher Besserung durch Pflanzenwuchs in Sicht

"Ein See hat ein sehr langes Gedächtnis"

Von 
Timm Herre
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Blaualgen sind aktuell an der Blauen Adria ein Problem.

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Altrip. Die Belastung der Gewässer im Altriper Naherholungsgebiet Blaue Adria mit Cyanobakterien (Blaualgen) ist kurzfristig kaum zu ändern. Das erklärt Martina Oehms, Diplombiologin beim rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt und Wasserwirtschaft, im Gespräch mit dieser Zeitung. "Das Grundübel in dem ganzen Gebiet ist die Überdüngung. Ein Gewässer hält das lange aus - aber irgendwann ist der Umschlagpunkt erreicht und dann kann man akut nichts mehr machen", sagt Oehms.

Seit Jahren ist bekannt, dass es im Gebiet Blaue Adria einen hohen Nährstoffeintrag ins Grundwasser gibt. Der Großteil geht auf die Camper und Wochenendbewohner in dem Areal zurück. Weil deren Grundstücke jahrzehntelang nicht an die Kanalisation angeschlossen waren - und es weitgehend bis heute nicht sind - landeten Abwasser und andere menschliche Hinterlassenschaften oft in der Natur. Nicht jeder benutzte die bereitgestellten Toiletten oder entsorgte sein Schmutzwasser an den entsprechenden Sammelstellen. Und laut einer zehn Jahre alten Untersuchung waren auch einige Fäkaliengruben undicht. Lange Rede, kurzer Sinn: Über Jahrzehnte hinweg gelangten Nährstoffe für Pflanzen und Bakterien in den Boden, von dort ins Grundwasser und so auch in die Adria-Gewässer.

Genau das wird laut Oehms nun spürbar. "So ein See hat ein sehr langes Gedächtnis und irgendwann kommt der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt", erklärt die Biologin, warum sich in den vergangenen Sommern die Wasserqualität so verschlechtert hat. Bisher war vor allem der Neuhofener Altrhein betroffen. Am Mittwoch folgte auch noch ein Badeverbot für den Adriaweiher.

Zu viele Pflanzen entfernt?

Ist es also nur eine Frage der Zeit, bis auch die anderen Seen in dem Gebiet "umkippen"? Zumindest hier kann Oehms Hoffnung machen: "Dass es jetzt übergreift, würde ich nicht befürchten - auch beim Weiher war es jetzt wohl eher ein Unfall", sagt die Expertin. Tatsache sei nämlich: Der hohe Nährstoffgehalt in den Gewässern führe entweder zu einem verstärkten Pflanzenwachstum oder zu einem Anstieg der Cyanobakterien-Konzentration. Beides zusammen funktioniere nicht.

"Da fechten die beiden Organismen einen ständigen Krieg um Lebensraum aus. Und die Pflanzen sind mir viel lieber, die kann man kontrollieren", erklärt Expertin Oehms. Beim Adriaweiher habe man in diesem Sommer wohl einfach den Fehler gemacht, dass der See zu stark "entkrautet" wurde - daher konnten sich die Bakterien stärker vermehren.

Warum fördert man dann nicht einfach auch im Neuhofener Altrhein das Pflanzenwachstum? Das sei aufgrund der natürlichen Begebenheiten nicht möglich, sagt Oehms: "Dort sind die Uferstrukturen ungünstig - an den steilen Abschnitten wachsen weniger Pflanzen." Für den Altrhein bleibe die einzige Verbesserungsmöglichkeit ein Kanalanschluss für alle Campingparzellen. Das koste zwar Geld. Aber Oehms betont: "Wer da investiert, sichert den Wert seines Grundstückes."

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