Hintergrund zu geplanten Windrädern - Könnte aus Malu Dreyers Idee, Windräder an den Autobahnen entlang des Pfälzerwalds aufzustellen, Realität werden?

Drehen sich Rotoren bald am Pfälzer Wald?

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Simone Jakob
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Diese Windkraftanlagen stehen im pfälzischen Großniedesheim neben der Autobahn 61. © Bernhard Zinke

Neustadt. Eigentlich war das Thema Windräder im Pfälzerwald seit der Landtagswahl 2016 und dem Start der Ampelkoalition mit der FDP als zweitstärkster Kraft in Rheinland-Pfalz erledigt. Mit ihrem Plädoyer für die rotierenden Energieerzeuger hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer nun eine alte Debatte neu entfacht.

Wovon hat Malu Dreyer bei der TV-Debatte genau gesprochen?

Bis 2040 will Dreyer Rheinland-Pfalz klimaneutral machen, dafür brauche es sehr viel erneuerbare Energien und auch Windkraft – bei letzterer dürfe es „kein Tabu in unseren Wäldern geben“, sagte sie im Fernsehduell. Das bedeute nicht, dass Windräder mitten in den Pfälzerwald gestellt würden. Vielmehr nennt Dreyer Randzonen, Brachen und Autobahnen als mögliche Standorte. Denn wo die Windhöffigkeit stimme und es landschaftlich vertretbar sei, sollten angesichts des Klimawandels auch im Pfälzerwald Windräder nicht länger ausgeschlossen sein.

Wurde schon früher über Windkraft im Pfälzerwald debattiert?

Der Verband Region Rhein-Neckar hat 2011 eine umfangreiche Analyse zu den Windpotenzialen in der Region angefertigt und Standorte geprüft. Dabei wurde auch der Pfälzerwald ins Spiel gebracht. So hatten Gutachten dargestellt, wo Windräder am effizientesten sein würden. In Unterlagen des Planungsausschusses der Verbandsversammlung stand: „Die höchsten Windgeschwindigkeiten herrschen in den Höhenlagen des Pfälzerwalds vor mit zum Teil über sieben Metern pro Sekunde in 120 Metern über Grund.“

Wie wurden diese Ideen aufgenommen?

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zg
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Schon damals gab es in der Pfalz heftigen Gegenwind und die „Verspargelung des größten zusammenhängenden Waldgebiets in Westeuropa“ wurde kritisiert. Im Zuge des Protests gründete sich das Bürgerbündnis „Initiative Pro Pfälzerwald“, die noch heute erbittert gegen Windräder kämpft. Nach Dreyers Wahlkampfdebatte hisste die Gruppe wieder ein Protestbanner am Luitpoldturm, wo die Demos einst begonnen hatten. Auch der Pfälzerwaldverein mit seinen mehr als 50 000 Mitgliedern läuft Sturm gegen Windenergie im Wald.

Wie sieht es rechtlich mit diesen Plänen aus?

Tatsächlich schließt die im Juli 2020 von der Mainzer Landesregierung beschlossene neue Rechtsverordnung für das Biosphärenreservat Pfälzerwald die Errichtung von Windkraftanlagen aus. Und zwar „aus Gründen eines umfassenden Landschafts- und Naturschutzes sowie für die Erhaltung eines natürlichen Landschaftsbildes“. Hintergrund dieses Ausschlusses ist nach Angaben des Bezirkstagspräsidenten Theo Wieder die unmissverständliche Vorgabe des Unesco-Komitees gewesen, wonach solche Anlagen den Biosphären-Schutzgebietstatus des Pfälzerwalds gefährden würden. Der Bezirksverband Pfalz ist Aufgabenträger für das Biosphärenreservat. Wieder hatte sich deshalb „verwundert“ über Dreyers Aussagen gezeigt.

Gibt es trotzdem rechtliche Schlupflöcher?

Die Crux der Unesco-Vorgabe ist, dass nicht der gesamte Pfälzerwald tatsächlich zum Biosphärenreservat gehört. So gibt es im Norden einen Teil, der außen vor ist und wo Windräder möglich wären, ohne von der Unesco abgewatscht zu werden.

Welche Standorte hatte Malu Dreyer im Blick?

Die Ministerpräsidentin hat eher an Flächen jenseits der Autobahnen gedacht, wo die Anlagen nicht so auffallen würden. Schon heute drehen sich an der A 6 zwischen Grünstadt und Kaiserslautern bereits zwei Windräder, die allerdings vor der neuen Landesverordnung gebaut wurden. Denkbare Standorte liegen auch bei Grünstadt und Landstuhl, wo die A 6 und die A 62 den Pfälzerwald streifen.

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