Rhein-Neckar. Als Sascha Schleich beim Pressetermin am Mittwoch den Reportern und ihren Kameras ein ausgewachsenes, fünf Jahre altes Weibchen präsentiert, weichen manche zunächst neugierige Betrachter etwas erschrocken zurück. Das Tier passt gerade so auf die Handfläche des Mannes. 20 Zentimeter groß wird ein Nordamerikanischer Ochsenfrosch vom Kopf bis zum Rumpf. Die kräftigen Hinterläufe können nochmal 45 Zentimeter lang werden.
600 Gramm wiegt ein erwachsener Frosch, springt 50 Zentimeter hoch und bis zu 2,50 Meter weit. Damit ist das Tier eine der größten Froscharten weltweit. Dazu spielen die Experten von einem tragbaren Lautsprecher die Geräusche ab, die ein Ochsenfrosch von sich gibt. Mit dem sonoren Quaken der einheimischen Arten hat das nichts zu tun. Vielmehr ist ein tiefes, kehliges Brüllen zu hören. „Jetzt wissen Sie auch, woher der Ochsenfrosch seinen Namen hat“, sagt Diplom-Biologe Hubert Laufer.
Froschart hat bei uns keine Fressfeinde
Der Nordamerikanische Ochsenfrosch hat nun seinen Weg über den Rhein gefunden. In den badischen Rheinauen von Karlsruhe bis hoch nach Dettenheim gibt es seit mehr als 20 Jahren zahllose Populationen. Im Rhein-Neckar-Kreis ist noch keines dieser unerwünschten Amphibien aufgetaucht. Und auf der rheinland-pfälzischen Seite haben die Naturschützer aktuell nur im Landkreis Germersheim diese Tierart gesichtet. Die Ausbreitung beschränkt sich nach Kenntnis der Behörde auf insgesamt sechs ehemalige Kiesseen, in denen sich der Frosch erwiesenermaßen fortpflanzt.
Welche Gewässer das genau sind, will Hannes Kopf, Chef der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd nicht verraten. „Wir wollen keinen Tourismus zu den einzelnen Standorten“, sagt er. Die Menschen sollen nicht selbstständig Jagd auf den Ochsenfrosch machen, ihn fangen und möglicherweise noch weiter verbreiten. Denn: Der Nordamerikanische Ochsenfrosch ist eine invasive Tierart, ein Einwanderer, der ganze Habitate regelrecht leer frisst, dabei aber selbst hierzulande keine Fressfeinde kennt.
Große Gefahr für heimische Tierarten
Kaimane oder Alligatoren gibt es nun mal in Europa nicht. Kleinere Singvögel stehen laut Matthias Klöppel von der Oberen Naturschutzbehörde bei der SGD Süd genauso auf der Speisekarte des Ochsenfroschs wie mittelgroße Fische. Die Kaulquappen geben zudem Hemmstoffe ins Wasser ab, die hiesige Kaulquappen absterben lassen. „Wo der Ochsenfrosch sich ungehindert ausbreitet, gibt es bald keine einheimischen Amphibien mehr“, mahnt Sascha Schleich.
„Wir hatten gehofft, dass der Kelch an uns vorübergeht“, sagt Klöppel. Denn auf der anderen Rheinseite kämpfen die Kollegen schon seit 1999 gegen die Plagegeister. Vor drei bis vier Jahren habe es die Art aber dann doch herübergeschafft. Vor zwei Jahren habe es erste konkrete Hinweise in der Südpfalz gegeben.
Jetzt geht’s darum, die weitere Ausbreitung zu verhindern. Zuerst wurden die betroffenen Seen umzäunt. Damit können sich die Tiere zumindest von hier aus nicht selbstständig weiter ausbreiten. Aktuell werden verschiedene Fangmethoden ausprobiert. Das reicht vom Fangeimer, wie es auch bei anderen, einheimischen Amphibien üblich ist. Eine andere Technik sei, die Gewässer vorübergehend leer zu pumpen oder mit Schleppnetzen abzufischen, erläutert Klöppel. „Wir experimentieren auch mit verschiedenen Reusen“, erläutert der Fachmann. Es gebe aber nicht zuletzt auch eine „Jagdliche Entnahme“. Was bedeutet das? „Die Tiere werden geschossen“, sagt Klöppel.
Vor zwei Jahren seien 250 Ochsenfrösche in der Südpfalz gefangen worden, im vergangenen Jahr rund 1000. In diesem Jahr habe man schon 800 Tiere aus den Seen geholt. „Wir haben den Eindruck, dass es weniger Tiere werden“, sagt Klöppel. Nach dem Fang werden Frösche im Einklang mit dem Tierschutzgesetz erst betäubt und dann getötet. Die Fachleute schätzen, dass sich noch einige Tausend Tiere in den sechs Seen tummeln.
Biologische Vielfalt bewahren
Der Nordamerikanische Ochsenfrosch stelle eine eine Bedrohung für die einheimische Flora und Fauna dar, macht SGD-Chef Hannes Kopf nochmals deutlich. Ähnlich wie im Rhein-Pfalz-Kreis, wo der aggressive amerikanische Sumpfkrebs mehrere Gewässer rund um Frankenthal leer frisst, gehe es darum, die biologische Vielfalt zu bewahren. Das sei übrigens keine Idee der Struktur- und Genehmigungsdirektion, sondern europäisches Recht und damit eine Pflichtaufgabe. Mit einer Verordnung haben die EU-Kommission 2014 für alle Mitgliedsstaaten erstmals eine rechtsverbindlichen Handlungsgrundlage zum Schutz der biologischen Vielfalt vor invasiven Arten geschaffen. Die Unionsliste gibt den Behörden vor Ort eine Grundlage für konkretes Handeln.
Kopf mahnt, dass auch der Handel und ein In-Verkehr-Bringen der Tiere nicht erlaubt ist. Der Ochsenfrosch darf also weder verkauft noch gekauft werden. Auch wer einen Ochsenfrosch in seinem Terrarium hält, sollte sich lieber an die Naturschutzbehörden wenden und ihn bloß nicht in freier Wildbahn aussetzen. Denn auch das sei strafbar.
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