Frankenthal. In seiner jüngsten Sitzung hat der Frankenthaler Stadtrat ein weiteres Kapitel bei der Aufarbeitung der Stadtklinik-Affäre abgeschlossen. Wie berichtet, hatte es Kritik an der Vergabe von Gutachterverträgen an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young gegeben. Nun hat das Gremium die Vergabe nachträglich gebilligt.
Zunächst hatten die Stadtratsfraktionen von Freien Wählern und SPD die Vergabe der Gutachter- und Beraterverträge im April kritisiert und eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier gegen den Frankenthaler Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) eingereicht. Einer Mitteilung zufolge geht es den Fraktionen um Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften. Im Mittelpunkt stehen Verträge über insgesamt mehr als vier Millionen Euro, die die Stadt mit Wirtschaftsprüfern und Beratern abgeschlossen hatte, um mutmaßliche Missstände in der Stadtklinik aufzuklären. Nach Einschätzung der Fraktionen von SPD und FWG zu viel.
Zwei von 19 Verträgen „kritisch“
„Die ADD hat zwei von 19 Verträgen als kritisch eingestuft. Das bedeutet nicht, dass sie falsch sind, es bedeutet lediglich, dass man es auch anders hätte machen können“, berichtet Stadtsprecherin Xenia Schandin auf Anfrage. Tatsächlich hätte bei der Vergabe der Verträge 2019 aber die Zeit gedrängt, nachdem die Stadtklinik, wie berichtet, bundesweit in die Schlagzeilen geraten war, weil Intensivpatienten angeblich länger als medizinisch notwendig künstlich beatmet wurden.
Inzwischen ist die Intensivstation medizinisch rehabilitiert, da drei Gutachter keinerlei Hinweise für eine unsaubere Beatmungspraxis aus wirtschaftlichen Gründen gefunden haben. Für Wirbel hatte indes die Vergabe der Untersuchungen gesorgt. „Eilbedürftigkeit sieht das Vergaberecht nicht vor“, sagt die Sprecherin. In der jüngsten Sitzung bedauerte der Oberbürgermeister, das Vergaberecht nicht eingehalten zu haben. Da die ADD die Stadt darüber informiert habe, dass eine nachträgliche Ermächtigung durch den Stadtrat legitim sei, habe man dies nun nachgeholt.
Laut Beschlussvorlage ging es bei der Untersuchung damals auch darum, ob sich aus den Analysen medizinischer Fälle im Hinblick auf die Beatmungsdauer finanzielle Beweggründe für die Behandlung herleiten lassen. Zudem haben die Gutachter ergründet, ob die Beatmungszeiten Einfluss auf die variable Vergütung des Chefarztes der Anästhesie und Intensivmedizin hatten. Auch beleuchteten die Prüfer, ob die wesentlichen kaufmännischen und personalwirtschaftlichen Organisations-, Aufsichts- und Kontrollpflichten bei den Chefarztverträgen und den variablen Vergütungen eingehalten worden sind und ob auf ethische Standards geachtet worden ist.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-aufarbeitung-der-stadtklinik-affaere-einen-schritt-weiter-_arid,1821334.html