Biblis. Da waren’s nur noch zwei: Am Dienstag um 14.25 Uhr ist der zweite Kühlturm des Bibliser Kernkraftwerks gefallen. Wie beim ersten Mal am 2. Februar haben Fachleute den 80 Meter hohen Turm kontrolliert einstürzen lassen. Sie hatten ihn die Tage und Wochen zuvor in seiner Struktur geschwächt, Schlitze in die mächtige Betonhülle geschlagen und lediglich sieben Stützen im Inneren des Turms stehen lassen. Diese meißelte ein ferngesteuerter Bagger am Dienstagnachmittag Stück für Stück weg.
Am Ende zeigte sich der zweite Turm ähnlich standhaft wie sein Nachbar vor drei Wochen. Als der Bagger Stütze Nummer sechs weghämmerte, gab die Struktur schließlich nach. Der Turm drehte sich leicht nach der Seite und fiel dann in einer dicken Staubwolke in sich zusammen. Als diese sich verzogen hatte, zeigten sich über dem Trümmerberg ein paar Reste des Rings.
Eine Sprengung des Kühlturms wie beispielsweise in Philippsburg war für den Abbruch nicht infrage gekommen, weil sich in der Nähe des Turms Stromleitungen und Gebäude befinden, die durch eine Sprengung in Mitleidenschaft hätten gezogen werden können.
In den kommenden Tagen wird der ehemalige Kraftwerksbetreiber RWE die Schutzvorrichtungen für den kontrollierten Einsturz der beiden Türme beseitigen. Dann wird der Bauschutt unter die Lupe genommen und analysiert. Das Abbruchmaterial, etwa 15 000 Tonnen pro Turm, soll in die Wiederverwertung kommen. Das Material ist komplett unbedenklich, da es niemals mit radioaktiver Strahlung in Kontakt gekommen ist. Die Kühltürme waren ohnehin nur wenige Wochen im Jahr in Aktion – nämlich immer dann, wenn der Rhein zu hohe Temperaturen hatte oder zu wenig Wasser führte. Dann musste das Kraftwerk über die Technik der Türme gekühlt werden. Ansonsten sorgte das Rheinwasser für ausreichende Kühlung.
Weitere Kühltürme werden im kommenden Jahr abgerissen
Die beiden übrig gebliebenen Kühltürme von Block B sollen im kommenden Jahr ebenfalls abgerissen werden. Wann das geschieht, ist noch offen. Ob dies am Anfang des Jahres oder eher am Ende passiert, kann Kraftwerkssprecher Alexander Scholl derzeit noch nicht sagen. In jedem Falle würden jedoch naturschutzrechtliche Bestimmungen wie beispielsweise die Brut- und Setzzeit eingehalten.

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Erneut hatten sich Dutzende von Schaulustigen und jede Menge Fotografen am Ufer auf der anderen Rheinseite bei Worms-Ibersheim versammelt, um den besten Blick auf das Spektakel zu erhalten. Eigens aus Hamburg war auch Thilo Maack angereist. Der Sprecher der Atomkampagne bei der Umweltorganisation hatte den Abriss des Turms unbedingt mit eigenen Augen sehen wollen. „Ein richtig guter Tag für uns“, sagte er mit Blick auf die Überreste des Kühlturms.
Die Ordnungsbehörde der Stadt Worms nutzte indessen die Gelegenheit, das klamme Stadtsäckel ein wenig zu füllen. Reihenweise bekamen die Autofahrer, die ihre Fahrzeuge in dem kleinsten Wormser Vorort – freilich nicht immer korrekt, aber auch nicht Rettungsweg versperrend – abgestellt hatten, einen Zettel an der Windschutzscheibe. Daran kündigt die Stadt einen Strafzettel in den kommenden Tagen an.
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