Rhein-Neckar. Der Dienstag und Mittwoch zählen zu den Wochentagen, an denen es auf den Rasthöfen in dieser Republik ganz besonders eng zugeht. Deshalb waren die Experten des ADAC am 3. und 4. August abends unterwegs. 96 Anlagen - je zur Hälfte Rasthöfe und unbewirtschaftete Parkplätze - haben sie zwischen 22 Uhr und Mitternacht im Stundentakt unter die Lupe genommen, die geparkten Lkw gezählt und geschaut, wo die Fahrzeuge gestanden haben. Das Ergebnis ist zwar wenig überraschend, erstaunt in der Dimension aber doch: An fast jeder zweiten Anlage haben die Lastwagen im Ein- und Ausfahrtsbereich der Parkplätze gestanden. Teilweise zählten die Fachleute doppelt so viele Lastwagen, wie laut Stellflächen erlaubt sind. Klar, dass das Parken außerhalb der markierten Flächen keine Ausnahme, sondern die Regel ist.
Der ADAC kommt zu dem vernichtenden Ergebnis: „Katastrophale Zustände, teils hochriskant abgestellte Lkw im Einfahrtsbereich.“ Zwei Anlagen seien derart zugeparkt gewesen, dass sie gar nicht ausgezählt werden konnten: Die ADAC-Mitarbeiter hätten dort selbst nicht parken können.
45 falsch abgestellte Lkw
In der Region zählten die Verkehrsexperten die Lkw auf den Rastanlagen Hockenheimring West an der A 6 und Bruchsal West an der A 5 sowie am Rastplatz Weißer Stock auf der A 6 wenige Hundert Meter hinter dem Walldorfer Kreuz. Am Hockenheimring waren 16 Lastwagen in den Fahrgassen abgestellt, 24 weitere im Bereich für Pkw, Wohnmobile, Busse oder im Absoluten Halteverbot. In Bruchsal parkten insgesamt 45 Lkw falsch, zwei davon im Hochrisikobereich Ein- und Ausfahrtsspur. „Überall sind die Rastanlagen verstopft. Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt und hat sich zunehmend verschärft“, kritisiert Thomas Hätty, der Leiter für Verkehr und Technik beim ADAC Nordbaden. Dabei weiß Hätty sehr gut, dass die Fahrer sich nicht aus freien Stücken auf die Einfahrtsspuren stellen: „Dahinter steckt oft pure Verzweiflung, weil einfach kein Parkplatz mehr gefunden wurde.“
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Abhilfe könnten nach Hättys Vorstellung digitale Parkleitsysteme schaffen, die den Lkw-Fahrer in Echtzeit zu freien Stellflächen auf nur vermeintlich voll geparkten Parkplätzen führen. Hätty schätzt das Potenzial auf 15 bis 20 Prozent. Auch private Firmengelände in Autobahnnähe sollten stärker für die Nutzung als Lkw-Stellplätze in Betracht gezogen werden, mahnt der ADAC. Eine stärkere Verlagerung des Güterverkehrs auf Bahnen und Schiffe seien eine weitere Möglichkeit. „Wollen wir die Zahl der schweren Lkw-Unfälle reduzieren,, die häufig auf Übermüdung der Fahrer zurückzuführen sind, muss die Politik jetzt dringend handeln“, mahnt Hätty. Die Mittel des Bundes zum Ausbau der Stellplatzkapazitäten reichten schon jetzt nicht aus, und erst recht nicht angesichts des prognostizierten Steigerungen des Lkw-Aufkommens.
„Fahrer sind permanent müde“
Für den früheren Mannheimer Verkehrspolizeichef Dieter Schäfer, der sich heute in der Initiative Hellwach mit 80 km/h leidenschaftlich gegen weniger Lkw-Unfälle engagiert, ist dieses Partplatz-Dilemma einer der Hauptgründe für die schlimmen Unfälle an Stauenden. Die Parkplatzsuche für die Nacht beginne schon um 15.30 Uhr. Der Stress und der unruhige Schlaf in wenig schallgedämmten Kabinen an der Autobahnen seien die Faktoren, die letztendlich zu Sekundenschlaf und Unaufmerksamkeit führten, die am Stauende zur tödlichen Gefahr würden, sagt Schäfer: „Die Fahrer sind permanent müde.“
Die Suche nach privaten Stellflächen kennt Schäfer auch noch aus seiner Zeit als Verkehrspolizist: „Ein zähes Geschäft.“ Dabei mangele es keineswegs am guten Willen der Speditionen. Im Mannheimer Hafen habe es schon Initiativen gegeben. Aber die seien an der Bürokratie gescheitert. Auch gab es schon Ideen, beispielsweise die Parkflächen des Maimarktgeländes zu nutzen, die den größten Teil des Jahres leerstehen, zu nutzen. Schäfer: „Die Idee ist zehn Jahre alt, aber passiert ist nichts.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mehr Flächen für Lkw bereitstellen - auch in der Region!