Wiesloch. Dem Chef der Forensik im Psychiatrischen Zentrum (PZN) Nordbaden fällt es schwer, die richtigen Worte zu finden. „Wir sind alle maximal schockiert, fassungslos“, sagt Chefarzt Christian Oberbauer. Vincent Karfus, kaufmännischer Direktor und stellvertretender Geschäftsführer des PZN, spricht davon, dass die gesamte Belegschaft „ein Stück weit auch paralysiert“ sei. „Unsere Gedanken, unser Mitgefühl, die Trauer gilt der jungen Frau, die ums Leben gekommen ist, ihrer Familie, ihren Freunden, denen, die mit ihr vertraut sind“, betont Oberbauer beim Pressegespräch des PZN am Sonntagnachmittag. Der Chefarzt ist betont vorsichtig und zurückhaltend in seinen Äußerungen, will den Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft nicht vorgreifen.

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Der 33-jährige Patient, der sich am Freitag kurz vor 13 Uhr von seinem Weg in die Arbeitstherapie entfernt hat und in einem Einkaufszentrum in der Wieslocher Innenstadt eine 30-jährige Frau mutmaßlich mit einem Messerangriff getötet hat, ist seit Samstag wieder im PZN. Der Haftrichter habe einen erneuten Unterbringungsbefehl eröffnet, bestätigt Oberbauer. Der mutmaßliche Täter ist nun im scharf bewachten, geschlossenen Bereich des Maßregelvollzugs untergebracht.
Der 33-Jährige war zuletzt laut PZN auf einer geschlossenen Rehabilitationsstation untergebracht und hatte sich durch sein Verhalten Lockerungen erarbeitet wie den begleiteten Ausgang auf das parkähnliche Klinikgelände und in die Stadt. Am Freitag sei er wie häufiger mit fünf Mitpatienten und zwei Pflegekräften auf dem Weg zur Arbeitstherapie gewesen, als er sich plötzlich von der Gruppe entfernt habe. Erst sei er gerannt, später schnell gegangen, beschreibt Oberbauer die Situation. Ein Pfleger sei ihm sofort gefolgt und habe kontinuierlichen Sichtkontakt gehabt. Die zweite Pflegerin habe die Polizei alarmiert und anderen Patienten wieder zurück auf die Station gebracht.
Maßregelvollzug am PZN
- Das Psychiatrische Zentrum Nordbaden (PZN) ist ein Krankenhaus für die Behandlung von Erwachsenen.
- Die Klinik für forensische Psychiatrie am PZN in Wiesloch ist die größte Fachklinik in Baden-Württemberg. Das ist der Maßregelvollzug für Patientinnen und Patienten mit Unterbringungsbescheid nach § 63 StGB
- Sie ist zuständig für die Landgerichtsbezirke Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe und Mosbach, wo rund 2,5 Millionen Menschen leben.
- Die Unterbringung im Maßregelvollzug wird von den Landgerichten angeordnet, wenn psychisch kranke Menschen Straftaten begehen.
- Insgesamt werden in neun Behandlungseinheiten rund 260 Patienten betreut, in der Klinik arbeiten über 300 Mitarbeitende. Per Gesetz soll der Maßregelvollzug psychisch kranke Straftäter bessern, sichern und wieder in die Gesellschaft eingliedern.
Wie lange es von der Flucht bis zur Tat gedauert hat, darüber will Oberbauer nicht spekulieren. Dies zu ermitteln, sei Sache von Polizei und Staatsanwaltschaft. Auch die Frage, ob der Pfleger die Tat möglicherweise als Augenzeuge beobachtet hat, bleibt an diesem Sonntagnachmittag unbeantwortet. Und was ist - aus medizinischer Sicht - schiefgelaufen? „Es ist für uns zu diesem Zeitpunkt unverständlich“, sagt Oberbauer. „Ich habe keine abschließende Hypothese dazu.“ Auch gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass der Mann nicht regelmäßig seine Medikamente eingenommen haben könnte.
Das PZN plant, den mutmaßlichen Täter nun zügig in die Schwesterklinik nach Weinsberg zu verlegen.
Was geschehen ist
Der Mann soll am Freitag aus dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) geflohen sein. Die Ermittler werfen ihm vor, in einem Geschäft in der Innenstadt eine 30-Jährige derart verletzt zu haben, dass sie im Krankenhaus starb.
Der Mann war den Angaben nach infolge eines Gerichtsurteils seit 2021 wegen mehrerer Delikte wie vorsätzliche Körperverletzung und Nötigung auf einer geschlossenen Rehabilitationsstation im PZN untergebracht. Das nennt man Maßregelvollzug. Dieser ist für Straftäter vorgesehen, die zum Beispiel psychisch krank oder süchtig sind. Das PZN teilte über den 33-Jährigen mit: "Wegen seiner seelischen Störung wurde gerichtlich die Schuldunfähigkeit des Mannes festgestellt."
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