Europa stehen so unberechenbare wie unruhige Zeiten bevor, wenn am Montag Donald Trump als US-Präsident zurück ins Weiße Haus kehrt. Sollte er etwa seine Zollfantasien wahrmachen, wäre das eine Katastrophe für die europäische und vorneweg die deutsche Wirtschaft. Obwohl die Brüsseler Blase aktuell gerne versichert, man sei vorbereitet und habe Instrumente zur Gegenwehr, stehen den Europäern leider nicht allzu viele Hebel zur Verfügung außer jenem, sich geschlossen als Handelsmacht zu präsentieren – und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern sowie attraktiver für Investitionen zu werden.
Die EU darf nicht den Fehler wiederholen, vier Jahre lang wie ein Kaninchen auf die Schlange zu starren und nichts zu tun. Stattdessen müssen Europas Staats- und Regierungschefs gemeinsam die Forderungen aus ihren Sonntagsreden umsetzen. Neben dem Handel gilt dies vor allem dem Fokus auf die eigene Sicherheit. Zu lange haben Mitgliedstaaten wie Deutschland die unzähligen Weckrufe ignoriert, ob aus Bequemlichkeit oder Arroganz. In diesem Sinne könnte Donald Trump 2.0 sogar einen positiven Schockmoment auslösen, der die zerstrittene Union im besten Falle zusammenschweißt, weil sie schlichtweg keine andere Wahl hat. Es ist längst überfällig, die Verteidigung sowie Schlüsselindustrien wie den Technologiesektor massiv zu stärken und einen härteren Kurs gegenüber China zu fahren.
Man könnte es auch Fortschritt durch Krise nennen. Trumps Politikstil mag völlig unangemessen und unverschämt sein. Inhaltlich hat er mit einigen Forderungen aber Recht. Dazu gehört die lästige Wahrheit, dass Mitgliedstaaten wie Deutschland deutlich mehr Geld für ihre Armeen und die Ausrüstung ausgeben müssen. Die USA schultern den Bärenanteil in Sachen Militär innerhalb der Nato. Dementsprechend hält allein der US-Präsident die Druckmittel in der Hand, um die Europäer zum Handeln zu zwingen. Donald Trump dürfte sie auch nutzen wollen. Und das ist keine schlechte Nachricht.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Zwang zur Einheit
Katrin Pribyl findet, dass der EU während der zweiten Amtszeit von Donald Trump nichts übrig bleibt, als sich geschlossen als Handelsmacht zu präsentieren