Kommentar Zum Verhältnis von Polizei und "Letzter Generation": Unnötiges Öl im Feuer

Eine Polizistin lässt sich dazu hinreißen einer Aktivistin der "Letzten Generation" Öl über Kopf und Nacken zu schütten. Damit sendet sie ein fatales Signal an alle Kritiker der Blockaden - es könnte zu Gewalt ermuntern

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Florian Karlein
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In Stralsund schiebt im Juli ein Mann einen Klimaaktivisten mit seinem Lastwagen vor sich her. Am Mittwoch rastet ein Autofahrer bei der Blockade der „Letzten Generation“ in Mannheim völlig aus, tritt Demonstranten, schleudert einen von der Straße, verpasst ihm einen heftigen Schlag ins Gesicht. Beide Vorfälle sind in Videos zu sehen und sollten schockieren - tun sie aber nicht immer. Manche applaudieren für solche Angriffe sogar.

Dass die Stimmung zunehmend gereizt ist, hat zuletzt die Blockade der Konrad-Adenauer-Brücke vor einer Woche gezeigt. Üble Beleidigungen, Gewaltandrohungen und Mordfantasien nicht nur von betroffenen Autofahrern, sondern auch von Passanten - die brutale Attacke von Mittwoch überrascht vor diesem Hintergrund nicht. Und doch ist das Selbstjustiz, die zu bestrafen ist. Völlig unabhängig davon, dass der Protest der „Letzten Generation“ mit ihren unangemeldeten Demonstrationen verboten ist.

Schärfe aus der Debatte nehmen

Was hat das mit der Polizistin zu tun, die sich mutmaßlich hat hinreißen lassen, einer Aktivistin Pflanzenöl über Kopf und Nacken zu schütten? Ihr respektloses und unprofessionelles Verhalten im Umgang mit der „Letzten Generation“ sendet ein fatales Zeichen an die Kritiker der Blockaden, das solchen Übergriffen Vorschub leistet. Die Polizei muss alle Straftäter gleich behandeln, unabhängig von Schwere der Tat und öffentlicher Meinung.

Aber unnötig Öl ins Feuer der Diskussion schüttet auch die „Letzte Generation“ selbst. Die veröffentlichten Vorwürfe von vermeintlich unnötigen wie illegitimen Leibesvisitationen sind ein direkter Angriff auf die Polizei, auf Frauen und Männer, die die Demonstrierenden auf der Straße regelmäßig vor wütenden Autofahrern schützen. Beide Seiten müssen dafür sorgen, Schärfe aus der Diskussion und die Aggressivität von der Straße zu bekommen: Die Polizei muss den Öl-Vorfall konsequent ahnden, die „Letzte Generation“ darf Kleinigkeiten nicht zum Skandal aufbauschen - sonst steigt die Zustimmung für Attacken wie am Mittwochabend noch weiter.

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim