Kommentar Verlagerung bei Evobus ist ein gewaltiger Einschnitt

Die Verlagerung des Rohbaus nach Tschechien ist ein gewaltiger Einschnitt für Evobus in Mannheim. Darüber können auch Zugeständnisse nicht hinwegtäuschen, findet Tatjana Junker. Ein Kommentar

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Tatjana Junker
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Mannheim. Am Ende konnte es auch der größte Protest nicht verhindern: Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck zieht seinen Plan durch und verlagert den Bus-Karosseriebau von Mannheim nach Tschechien. Für das Evobus-Werk und den Industriestandort Mannheim ist das ein gewaltiger Einschnitt. Noch vor wenigen Monaten konnten sich Beschäftigte kaum vorstellen, dass das „Herzstück“ von Evobus in Mannheim tatsächlich wegfallen soll – jetzt müssen sie es.

Über die Schwere des Schlags können auch die ausgehandelten Zugeständnisse nicht hinwegtäuschen – selbst wenn Betriebsrat und IG Metall damit noch Schlimmeres abgewendet haben. Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2033, Qualifizierungs- und Investitions-Zusagen sind wichtige Signale für die Belegschaft. Wie viele Arbeitsplätze das „Kompetenzzentrum für E-Stadtbusse“, zu dem der Standort ausgebaut werden soll, langfristig aber wirklich sichern wird, muss sich noch zeigen.

Gleichzeitig steht der Einschnitt bei Evobus geradezu sinnbildlich für die Krise der hiesigen Industrie. Massiv gestiegene Energiekosten haben den Druck auf die deutschen Produktionsstandorte im globalen Wettbewerb deutlich erhöht, auch innerhalb der Konzerne. Was woanders in halbwegs gleicher Qualität, aber günstiger produziert werden kann, wird verlagert oder dicht gemacht – so wie es auch die BASF gerade angekündigt hat.

Der Chemiekonzern fährt im Stammwerk Ludwigshafen große Anlagen herunter, weil sich der Betrieb wirtschaftlich in Deutschland nicht mehr lohnt, Stellenabbau inklusive. Mit Blick auf ihre hohe Industriedichte dürfte es für die Region nicht die letzte Hiobsbotschaft dieser Art sein.

Um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern, dürfen sich die deutschen Industriestandorte aber nicht aufs „Gesundschrumpfen“ beschränken, sondern müssen den Fokus auf ihre potenzielle Stärke richten: Innovationskraft und Technologieführerschaft. Um dieses Potenzial umzusetzen – und Arbeitsplätze zu sichern –, bedarf es allerdings entsprechender Rahmenbedingungen: Digitalisierung und Entbürokratisierung sind hier nur zwei der entscheidenden Stichworte.

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Redaktion Wirtschaftsreporterin