Es sind nicht vorrangig die Freunde oder Lehrerinnen, mit denen sich Jugendliche über ihre Berufswünsche unterhalten – sondern die eigenen Familienangehörigen. Eltern, Geschwister oder Verwandte sind die Bezugspersonen im Orientierungsprozess. Das zeigt auch die Sinus-Jugendstudie 2020, die alle vier Jahre die Lebenswelten von 14- bis 17-Jährigen in Deutschland erforscht. Ihre Unterstützung führe dazu, dass sich junge Menschen weniger Sorgen machen.
Verständlich: Es sind die Eltern, die ihre Kinder auffangen, wenn die Absage kommt. Wenn es um das Gegenlesen der Bewerbung geht. Oder darum, die Nerven zu beruhigen, wenn das Vorstellungsgespräch ansteht. Nicht alle Jugendlichen haben das Glück, von ihrer eigenen Familie – sei es finanziell oder emotional – so unterstützt zu werden. Das steht außer Frage.
Aber es bedeutet nicht automatisch, dass junge Menschen jeden Rat annehmen müssen, den Eltern geben. Vielmehr sollten sich Erwachsene zurücknehmen und die Kinder erst einmal „machen lassen“. Egal wie schwer das fällt. Es gehört zum Erwachsenenwerden dazu, Infos zu beschaffen. Termine zu notieren. Unterlagen zu sortieren.
Gleichzeitig müssen Jugendliche verstehen, dass nur selbstgetroffene Entscheidungen tragfähig sind. Denn: Wer will schon, dass irgendjemand anderes über die eigene Zukunft bestimmt. Und dass sie sich auch für ihre Pläne und ihren Lebensweg stark machen müssen. Und wenn sie feststellen sollten, dass die Entscheidung eine falsche war, sollten sie dazu stehen und vorwärts blicken. Auch das müssen Eltern verstehen: Nicht alle Wege müssen gerade sein.
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