Kommentar Schwierige Mission

Wolfram Köhler findet, dass es nicht leicht für die Kirchen in Viernheim wird, Konzepte für die Nutzung zu finden.

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Wolfram Köhler
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Viernheim. Außergewöhnliche Konzepte für die Nutzung der katholischen Kirchen – das ist in Viernheim nichts Neues. So hat die Gemeinde einst selbst vorgeschlagen, in St. Marien eine Kita einzurichten. Dann meldete sich Unternehmer Werner Gutperle zu Wort: Um das Gebäude in seiner ursprünglichen Form zu erhalten, bot er an, es zu kaufen. Nach seinen Vorstellungen sollte in dem ältesten Gotteshaus der Stadt ein Meditationszentrum für Mitglieder aller Religionen entstehen. Es hagelte Proteste von Bürgern, beide Varianten wurden nicht weiterverfolgt. Das Gleiche galt für den Versuch der Stadt, ein Zukunftsmodell für die marode Hildegardkirche zu entwerfen. Unter anderem stand ein Pflegeheim zur Debatte. Auch dieses Thema hatte sich schnell erledigt.

Auf die ersten Gedankenspiele folgt nun ein organisierter Prozess. Die noch junge Fusionspfarrei Heiliger Johannes XXIII. fragt die Bürger ganz offiziell nach ihren Ideen. Erklärtes Ziel ist es, die Menschen, die mit den Kirchorten emotional verbunden sind, auf dem Weg der Veränderungen mitzunehmen. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Aus der Bürgerbeteiligung spricht vor allem Ratlosigkeit. Die seit Jahren schrumpfende Gemeinde ist vom Bistum aufgefordert, möglichst schnell die Kosten für die Unterhaltung der Gotteshäuser zu senken. Da kann jede Anregung, jede Initiative hilfreich sein.

Kirchtürme haben an Bedeutung eingebüßt

Dabei ist es nicht nur aus kirchlicher Sicht sinnvoll, die Bürger einzubinden. Einige von ihnen bringen Kreativität mit, andere Fachwissen. Beides ist vonnöten, um den städtebaulichen Entwicklungsprozess möglichst erfolgreich zu gestalten. Das ehemals katholisch geprägte Viernheim hat sich verändert und wird sich weiter verändern. Die vier Kirchtürme, die Fixpunkte für viele Menschen waren, haben an Bedeutung eingebüßt. Darauf gilt es mutig zu reagieren – ohne das kulturelle Erbe zu beschädigen.

Die dafür erforderliche Leitlinie zu finden, ist ebenso schwer wie die konkrete Umsetzung von Projekten. Ganz sicher wird der Denkmalschutz ein Wörtchen mitreden, wenn zum Beispiel der Innenausbau einer bislang lichtdurchfluteten Kirche ansteht. Das könnte die erste Hürde sein. Bei der zweiten geht es darum, passende Käufer zu finden. Nur wenn die Rendite stimmt, wird ein möglicher Investor bereit sein, viel Geld für solch große Immobilien auszugeben. Da kann die Idee noch so gut sein. Die Kommune, die bei der Vermarktung des alten Rathaus-Standorts keinen Schritt vorankommt, kann ein Lied davon singen. Stadt und Kirche stehen vor einer schwierigen Mission.

Redaktion

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