Olympia-Boykott wäre nicht mehr als ein Feigenblatt

Jan Kotulla ist gegen einen Olympia-Boykott ohne weitere Folgen

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Jan Kotulla
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Zwischen den USA und China herrscht nicht erst seit der Boykott-Forderung für die Winterspiele 2022 Eiszeit. Seit längerem sieht die Weltmacht im Westen das Reich der Mitte zunehmend als Bedrohung. Denn was die Wirtschaftskraft, die Wachstumsraten und die Entwicklungen neuer Technologien angeht, stürmt die Volksrepublik mit Siebenmeilenstiefeln voran. Das hat schon Ex-Präsident Donald Trump überhaupt nicht geschmeckt, weshalb er – gerade was Corona anging – China immer wieder den Schwarzen Peter zugeschoben hat.

Und auch Trumps Nachfolger Joe Biden macht klar, man werde mit China zusammenarbeiten, wenn es dem amerikanischen Volk nütze. Dies darf man bei der Bewertung des Boykottaufrufes nicht außer Acht lassen.

Auf der anderen Seite ist belegt, dass in China anders denkende Menschen wie die Tibeter, Uiguren oder die Mitglieder der Demokratiebewegung in Hong Kong systematisch verfolgt werden. Die Satellitenaufnahmen von sogenannten Umerziehungslagern verdeutlichen, dass es sich keinesfalls um wenige Personen handelt, sondern Millionen Menschen Repressionen ausgesetzt sind. Hinzu kommt das soziale Belohnungs- und Bestrafungsprogramm, das das Volk umfassend unter Kontrolle hält. Ein solches Vorgehen widerspricht allen ethischen Grundsätzen – keine Frage.

Allerdings wäre es konsequenter, politisch und eben wirtschaftlich Druck auf die Machthaber auszuüben. Doch die Zeit dazu wird immer knapper. Mit der neuen Seidenstraße, Corona-Impfprogrammen für ärmere Länder, Infrastrukturmaßnahmen in Asien, Afrika und Südeuropa wächst die Einflussnahme der Diktatoren aus Peking, werden die Verflechtungen immer dichter. Solange der Mut bei Politikern und Wirtschaftsbossen fehlt, wäre ein Boykott der Winterspiele nur ein Zeichen von Hilflosigkeit und ein Feigenblatt. Herhalten müssten dafür Sportlerinnen und Sportler.

Redaktion Sportredakteur