Kommentar Nicht länger hinnehmbar

Detlef Drewes findet, dass die Kommission handeln muss

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Detlef Drewes
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Ein Land mit dem demokratischen Reifegrad Polens oder Ungarns würde von der Europäischen Union sicherlich nicht aufgenommen. Zu eklatant sind die Defizite in wesentlichen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens. Wer es aber bereits in diese Wertegemeinschaft geschafft hat, muss Konsequenzen für Rückfälle nicht fürchten. Das ist zumindest die latente Botschaft, die aus Brüssel kommt.

Da legt die Behörde, deren ureigene Aufgabe das Wächteramt über die Einhaltung der Europäischen Verträge ist, einen Bericht vor, in dem ein rechtsstaatliches Manko an das nächste gereiht wird. Doch Folgen hat das offenbar keine. Man verweist lieber auf den präventiven Charakter des Dokumentes. Der Stimmrechtsentzug liegt auf Eis. Und das neue Instrument, das zur Kürzung oder zum Einhalt von europäischen Subventionen führen würde, bleibt in der Schublade. Was braucht die Mannschaft um Ursula von der Leyen denn noch, um endlich Konsequenzen zu ziehen?

Das Ausmaß des demokratischen Abbaus hat Dimensionen erreicht, die eine Werteunion nicht länger hinnehmen darf. Vor allem kann sie es sich um ihrer Glaubwürdigkeit willen nicht leisten, dem Vorwurf weiter Nahrung zu geben, dass die Gemeinschaft die korrupten Rechtsstaats-Gegner auch noch alimentiert – ja, sogar ihr Überleben sichert. Denn ohne die Gelder aus Brüssel wären weder die Regierung in Warschau noch die in Budapest überlebensfähig.

Das Europäische Parlament hat recht: Wenn die Von-der-Leyen-Kommission bis zum Ende der Sommerpause nicht aktiv geworden ist, sollten die Volksvertreter die Behörde wegen Untätigkeit verklagen.

Korrespondent