Mannheim. Festgetretene Kaugummis, durchgehend ein Grauschleier auf den Steinen, Kippen zwischen den Fugen – das Pflaster auf den Planken und in Abschnitten der Freßgasse sieht desolat aus. Wer den Umbau nicht miterlebt hat, dem fällt es schwer zu glauben, dass der Belag vor nicht einmal drei Jahren verlegt worden ist.
In den vergangenen Monaten hat sich diese Redaktion bei der Thematik bewusst zurückgehalten. Wir alle hatten durch Corona andere, wichtigere und größere Sorgen als eine schmutzige Fußgängerzone, in der lange Zeit ohnehin alles geschlossen war. Auch die städtischen Mitarbeiter hatten viele neue und andere Aufgaben zu erledigen.
Inzwischen – nach einer anfänglichen Phase der Zurückhaltung nach dem Lockdown – kehren die Menschen endlich wieder in die Innenstadt zurück. Sie wollen das nachholen, was ihnen in den Monaten zuvor entgangen ist. Sie flanieren, kaufen in den Läden ein und besuchen die Restaurants und Cafés. Doch das Ambiente, das sich ihnen in der City bietet, ist alles andere als attraktiv und einladend.
Verheerende Nachlässigkeit
Umso schlimmer ist es, dass die Zeit des Lockdowns nicht für eine Intensivreinigung genutzt wurde. Doch jetzt, wo es entscheidend darum geht, ob die Innenstadt noch einmal die Zugkraft entwickeln kann, die sie vor Corona hatte, ist die Nachlässigkeit der Stadt verheerend. Deshalb muss sie dringend handeln: Wieder mehr Kontrollen und Bußgelder gegen diejenigen, die die Stadt verschmutzen. Corona hin oder her: 20 festgesellte Vergehen in der ersten Jahreshälfte sind lächerlich. Auch das Reinigungskonzept muss überarbeitet werden. Dass es nicht wirkt, sieht man beim Anblick des Pflasters.
In diesem Zusammenhang ist es grotesk, dass Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung nun Marketing für einen attraktiven Einkaufsstandort betreiben wollen. Ohne detaillierte Inhalte des Konzepts zu kennen, fällt das Urteil darüber klar aus: Das Geld kann man sich sparen, und den Aufwand braucht man nicht zu betreiben, solange die Innenstadt im jetzigen Zustand ist. Das junge Publikum, das damit angesprochen werden soll, findet Läden wie Primark, Zalando Outlet und Co. auch ohne einen Influencer.
Sauberkeit und Sicherheit gehören zu den wichtigsten Attributen für die Attraktivität einer Stadt. Wenn sich aber das Erscheinungsbild nicht bald ändert, verfestigt sich bei auswärtigen Besuchern der Eindruck: Mannheim ist schmutzig. Das haftet genauso hartnäckig wie ein Kaugummi an der Schuhsohle.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheim ist schmutzig
Christian Schall zum Zustand der Planken und den Folgen