Kommentar Leon Draisaitl: Der (noch) Unvollendete

Der Traum vom Stanley Cup ist für Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers dramatisch geplatzt. Für Philipp Koehl wird der deutsche Ausnahmespieler aber noch mehrere Chancen bekommen, um seine Karriere zu krönen

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Philipp Koehl
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Die kanadische Seele trauert. Das Mutterland des Eishockeys wartet nun schon seit 1993 darauf, dass eines ihrer Teams den Stanley Cup gewinnt. Mittendrin in dieser Trauer ist Leon Draisaitl, für den der große Traum vom NHL-Titel – dem wichtigsten im Eishockeysport neben der Olympischen Goldmedaille – nun erst einmal dramatisch geplatzt ist. Die Karriere des deutschen Ausnahmespielers bleibt (noch) unvollendet.

Draisaitl, der einst bei den Jungadlern Mannheim ausgebildet wurde, jedoch schon sehr früh viel zu gut für das deutsche Nachwuchseishockey war und sich entsprechend über die kanadischen Juniorenligen für die NHL empfahl, ist in der besten Eishockey-Liga der Welt einer der ganz großen Stars. Nicht nur wegen seiner persönlichen Auszeichnungen wie jene zum besten Punktesammler sowie wertvollsten Spieler einer Saison (beide im Jahr 2020). Trophäen, die er alle eintauschen würde, wenn er dafür den Stanley Cup in die Höhe recken dürfte, wie er immer wieder betont.

Edmonton hatte chronische Defensivschwäche im Griff

Zusammen mit seinem kongenialen Partner Connor McDavid – aktuell der beste Eishockeyspieler der Welt – führte der 28-Jährige die Oilers zuletzt immer näher Richtung Titel. In den vergangenen beiden Jahren scheiterte Edmonton jeweils an den späteren Cup-Siegern Colorado (Halbfinale) und Las Vegas (Viertelfinale), diesmal denkbar knapp an Florida. Dass es nun immerhin bis zum Finale reichte und in diesem spektakulär ein 0:3-Serienrückstand egalisiert wurde, hat gleich mehrere Aspekte.

Zum einen haben es die Oilers geschafft, ihre chronische Defensivschwäche in den Griff zu bekommen. Vor allem das Unterzahlspiel von mehr als 94 Prozent Erfolgsquote sticht dabei hervor. Die Lorbeeren hierfür vereinen sich nicht nur auf Cheftrainer Kris Knoblauch, der nach einem katastrophalen Saisonstart in Edmonton übernahm und das Team sensationell in die Erfolgsspur führte, sondern auch auf Defensivcoach und Oilers-Legende Paul Coffey sowie Ex-Adler-Spieler Mark Stuart, der als Unterzahltrainer fungiert. Zudem haben es die Oilers geschafft, mehr Scoring-Tiefe in ihren Kader zu bekommen, also nicht mehr so sehr von McDavid und Draisaitl in puncto Tore abhängig zu sein – auch wenn diese letztlich das Team trugen.

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Das Problem: Draisaitl hatte in den vergangenen Jahren in den Play-offs immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Dass er dennoch konstant punktete und die diesjährige Endrunde mit 31 Punkten in 25 Spielen sogar als drittbester Scorer abschloss, ist nicht hoch genug zu bewerten. Dass Draisaitl ab dem Halbfinale gegen Dallas, ab dem ihm nur noch sieben Punkte in 13 Partien (kein Tor in der Finalserie) gelangen, eine Verletzung zusetzte, war letztlich wohl das Zünglein an der Waage im Titelkampf.

Im Sommer wird er nun voraussichtlich seinen größten und letzten NHL-Vertrag bei den Oilers unterschreiben, von denen er 2014 gedraftet wurde. Dieser wird dem Vernehmen nach langfristig sein und im unteren zweistelligen Millionenbereich – pro Jahr – liegen. Sollte Draisaitl gesund bleiben und Edmonton die Defensivschwächen langfristig beheben, dürfte er zusammen mit McDavid noch ein paarmal die Chance auf den Stanley Cup bekommen – und somit auch darauf, seine Karriere zu krönen.

Redaktion Sportredakteur, Schwerpunkt Adler Mannheim

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