Legalisierung von Cannabis - handwerklich eine Katastrophe

Was bedeutet es für die Arbeit der kommunalen Ordnungsdienste, dass die Menschen öffentlich kiffen dürfen? Die beabsichtigte Entlastung von Justiz und Polizei ist ein frommer Wunsch, kommentiert Bernhard Zinke

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Bernhard Zinke
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Die Stadtverwaltungen in Mannheim und Ludwigshafen winken gleichermaßen ab. Antworten auf einen einigermaßen umfassenden Fragenkatalog dieser Redaktion müssen sie schuldig bleiben. Was bedeutet es denn nun für die Arbeit der kommunalen Ordnungsdienste, dass die Menschen öffentlich kiffen dürfen? In den Rathäusern zucken sie resigniert die Achseln: „Notwendige Ausführungsvorschriften und Zuständigkeitsregelungen für die kommunalen Behörden gibt es noch nicht“, heißt es aus Ludwigshafen. Die Mannheimer Variante: „Zur tatsächlichen, praktischen Umsetzung des Cannabisgesetzes müssen noch viele Detailfragen geklärt werden.“ Der Klärungsbedarf ist immens.

Die Intention der Bundesregierung, durch die Legalisierung den Druck aus der Drogenproblematik herauszunehmen, ist ja aller Ehren wert. Aber sie erreicht so ziemlich genau das Gegenteil dessen, was sie beabsichtigt. Kein verunreinigtes Cannabis mit unbekanntem THC-Gehalt mehr, dafür sauberer Stoff aus registrierten Social Clubs, das ist eine der Ideen. Doch weil es dieses Cannabis erst ab Juli gibt, hat die Bundesregierung auf dem Schwarzmarkt den Turbo gezündet. Bei den Dealern knallen landauf, landab vermutlich die Korken. Auch nach dem 1. Juli dürften die Social Clubs nicht den tatsächlichen Bedarf des Marktes decken.

Auch die beabsichtigte Entlastung von Polizei und Justiz ist ein frommer Wunsch, der sich absehbar zum Bumerang entwickelt. Sicher können die Gerichte die Verfahren rund um den Besitz von Kleinstmengen an Marihuana oder Haschisch nun zu den Akten legen. Das Gesetz beschert ihnen dafür jede Menge anderer Arbeit. Wenn es so läuft, wie der Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums prophezeit, dürfte das Telefon bei den diensthabenden Staatsanwälten dauerläuten. Sie sollen dann ad hoc entscheiden, ob der Joint auf der Terrasse neben der Kita verboten, die Entfernung zum Sportplatz zu knapp ist und ob die 30 Gramm in der Handtasche eine Hausdurchsuchung rechtfertigen.

Und dass mit der Freigabe der Jugendschutz verbessert wird, ist auch außerordentlich fraglich. Schließlich dürften die Begehrlichkeiten des Nachwuchses gewaltig wachsen, wenn Papa, Mama oder die erwachsenen Geschwister bei der Gartenparty die Tüte kreisen lassen. Im Straßenverkehr laufen Betäubungsmittel schon jetzt dem Alkohol den Rang ab. Die Intention mag ehrenvoll sein. Handwerklich ist das Gesetz eine Katastrophe.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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