Werner Kolhoff - hält die Blockade der Rundfunkbeitragserhöhung durch Sachsen-Anhalt für falsch – es geht letztendlich um die Pressefreiheit Keine Lappalie

Werner Kolhoff hält die Blockade der Rundfunkbeitragserhöhung durch Sachsen-Anhalt für falsch – es geht letztendlich um die Pressefreiheit

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Werner Kolhoff
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In Sachsen-Anhalt ging es zuletzt nur noch darum, ob die CDU der AfD ein zweites Mal nach Thüringen Gestaltungsmacht geben würde, indem sie die geplante Erhöhung der Rundfunkgebühr durch eine gemeinsame Ablehnung im Landtag scheitern lässt. Was dann auch die dortige schwarz-rot-grüne Koalition hätte platzen lassen. So weit kommt es nun nicht, weil der Ministerpräsident das Thema einfach von der Tagesordnung nimmt. Die Anhebung freilich ist zunächst blockiert. Und das ist schwerwiegender als das Schicksal der Regierungskoalition in diesem kleinen Bundesland. Hier geht es um eine Verfassungsfrage, nicht um eine Lappalie von 86 Cent.

Die Rundfunkfreiheit gehört zum Kernbereich des Grundgesetzes. Und damit auch die öffentlich-rechtlichen Sender. Warum? Weil sie die einzigen Informationsquellen sind, die weder von Privat-, noch von Staatsinteressen gesteuert werden. Sondern direkt von den Bürgern über deren Vertreter in den Aufsichtsgremien. Das ist konstitutiv für unsere Demokratie. Das System mag Mängel haben – aber wer ein besseres kennt, möge es nennen. Russia Today oder Attila Hildmanns Instagram-Kanal ist es jedenfalls nicht. Die Sender haben eine „Entwicklungsgarantie“, damit sie konkurrenzfähig sein können. Kaputtsparen oder erpressen ist also nicht.

Das Verfassungsgericht hat dem Staat diesen Hebel 1994 zu entreißen versucht, indem es verlangte, dass eine unabhängige „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF) über die Höhe der TV-Gebühr entscheiden müsse. In sie entsendet seither jedes Land Sachverständige. Und die Kommission hat den Sendern nie etwas geschenkt. Auch bei der aktuell geplanten Erhöhung hat sie, das kann man in vielen Protestbriefen der Intendanten nachlesen, großen Spardruck ausgeübt. Herausgekommen ist kaum mehr als ein Inflationsausgleich. Man kann die Sender nur ermuntern, den Klageweg zu beschreiten, wenn ihnen nun sogar diese Mini-Anhebung verwehrt wird.

Ein zentraler Webfehler des Verfahrens besteht darin, dass die Politik überhaupt Einfluss bekommt. Über die Ministerpräsidenten, vor allem aber über die 16 Landesparlamente, die ebenfalls alle Ja sagen müssen. Spätestens hier öffnet sich ein riesiges Einfallstor für populistische Angriffe auf die Rundfunkfreiheit. Es sollte schnellstmöglich durch eine Gesetzesreform geschlossen werden. Denn mit der AfD gibt es erstmals eine Partei, die den „Zwangsstaatsfunk“ sturmreif schießen will. Und die CDU in Magdeburg assistiert ihr nun.

Ihre Argumente sind an den Haaren herbeigezogen. Dass die Anstalten nicht genug für den Osten täten etwa oder dass die Gehälter der Intendanten zu hoch seien. Jeder Geschäftsführer der Sparkasse verdient genauso viel. Kein freier Journalist darf je in die Lage kommen, dass der Gegenstand seiner Berichterstattung ihn erpressen kann. Erst recht kein öffentlich-rechtlicher Sender. Das hat die CDU in Sachsen-Anhalt noch immer nicht verstanden oder will es nicht verstehen.

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