Kalt erwischt

Barbara Klauß warnt vor Risiken im Finanzsystem

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Barbara Klauß
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Zehn Jahre Finanzkrise. Das klingt nach Geschichtsbuch - Ende, aus, vorbei. Doch mitnichten. Noch immer beschäftigen uns die Folgen der damaligen Verwerfungen. Und noch ist ein Ende nicht abzusehen.

Um die Konjunktur zu stützen, haben die Notenbanken seit Beginn der Krise massenhaft Geld in die Märkte gepumpt. Seit Jahren gibt es keine Zinsen mehr. Inzwischen haben wir uns fast daran gewöhnt. Für die Banken aber ist das problematisch, weil ihnen ihr Geschäft wegbricht. Sie entwickeln zum Teil abenteuerliche Gebühren, um noch etwas zu verdienen.

Angst vor Immobilienblase

Für die Bürger ist das problematisch, weil sich das Sparen nicht mehr lohnt und es immer schwieriger wird, etwa für das Alter vorzusorgen. Wegen des günstigen Geldes und weil sich viele andere Anlagen nicht mehr lohnen, steigen die Immobilienpreise vor allem in Zentren ins Unermessliche. Das ist ein Problem, weil sich Normalverdiener dort kaum noch Häuser oder Wohnungen leisten können. Zudem steigt die Angst vor einer Immobilienblase, die irgendwann zu platzen droht.

Hinzu kommt, dass die Altlasten der Finanzkrise noch längst nicht beseitigt sind. EU-weit sitzen die Banken noch auf faulen Krediten im Volumen von rund einer Billion Euro. Vor allem in Südeuropa. Gerade erst wurden in Italien und Spanien Banken gerettet. Mit Steuergeld. Das weckt böse Erinnerungen und führt unweigerlich zu der Frage: Müssen wir uns auf die nächste Finanzkrise gefasst machen?

Es gibt aber auch Punkte, die hoffen lassen. Die Situation ist heute eine andere als im Jahr 2007. Die Konjunktur befindet sich vielerorts im Aufschwung. Die Banken stehen besser da und sind aufgrund der strengeren Vorschriften zum Eigenkapital sicherer als vor zehn Jahren. Dennoch hat das europäische Bankensystem nach wie vor nicht genügend Kapital. Und nach wie vor wird gezockt.

Es mangelt noch immer an einem der wichtigsten Güter in der Branche: an Vertrauen. Wenngleich viele Banker Besserung gelobt haben, viel von Kulturwandel die Rede war - Lippenbekenntnisse allein bringen überhaupt nichts. Ob sich das Gebaren der Banker tatsächlich geändert hat, wird sich erst noch zeigen müssen. Das Misstrauen bei den Menschen jedenfalls sitzt tief.

Blick in die Glaskugel

Ob und wann es tatsächlich zu einer neuen Finanzkrise kommt, kann niemand seriös vorhersagen. Dafür bräuchte man die sprichwörtliche Glaskugel. Zwar haben Politik und Finanzwesen versucht, sich vorzubereiten. Wer weiß schon, welche Risiken wo - vielleicht wieder gut versteckt - schlummern?

Die Krise, die im Jahr 2007 ihren Anfang nahm, hat die Welt, und auch Experten, kalt erwischt. Und bei der nächsten wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht anders sein. Die größten Probleme sind häufig die, die vorher niemand auch nur erahnt hat.

Redaktion