Kommentar Impfaktion der Stadt Mannheim auf der Hochstätt sinnvoll

Steffen Mack zu Impfaktionen an sozialen Brennpunkten

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Steffen Mack
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Diese Pandemie bringt Begriffe hervor, die vorher niemandem eingefallen wären. Einer davon ist schon jetzt ein heißer Kandidat für das Wort oder eher das Unwort des Jahres: Impfneid.

Wobei der Ausdruck sowohl Gutes als auch Schlechtes bedeutet. Dass sich viele Menschen nach einer Impfung sehnen und neidisch auf jene sind, die bereits eine bekommen haben, ist im Prinzip ja sehr positiv. Deutlich schlimmer wäre jedenfalls, wenn der Begriff Impfverweigerer Hochkonjunktur hätte. Neid auf Geimpfte kommt indes leider vor allem deswegen auf, weil viele Menschen entweder noch keine Aussicht auf einen Impftermin haben oder sich seit Wochen völlig zu Recht darüber ärgern, wie schwierig und nervig die Buchung in Baden-Württemberg über die Angebote des Landes via Hotline und Internet ist.

Da dürfte auf blank liegende Nerven stoßen, dass es nun in Mannheim auf der Hochstätt eine Impfaktion für alle Menschen gibt, ob individuell berechtigt oder nicht. Mit Biontech, von vielen als Premium-Impfstoff gesehen (obwohl auch die anderen laut Medizinern sehr gut sind).

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Gleichwohl handelt die Stadt hier richtig. Gerade weil die Terminbuchung so kompliziert ist, haben bildungsfernere Schichten kaum Aussicht auf Impfungen. Das kann sich in manchen Stadtteilen verhängnisvoll auswirken. Bei einer Expertenanhörung im Bundestag wurde auch kürzlich nachdrücklich empfohlen, gezielt an sozialen Brennpunkten mit hohen Inzidenzen zu impfen.

Die individuelle Gefährdung war ja auch – neben dem Risiko besonders schwerer Krankheitsverläufe – mit das wichtige Kriterium bei der Priorisierung. Hinzu kommt nun ein Weiteres, das die Ständige Impfkommission vor einem halben Jahr vermutlich nicht erwartet hätte: Die Immunisierung muss endlich schneller vorankommen, sonst wird sich die Pandemie kaum in den Griff kriegen lassen. Jetzt ist Breite wichtiger als Bürokratie. Impfzentren, Hausärzte, bald Betriebsärzte – es bedarf aller verfügbarer Kapazitäten. Auch wenn dann vielleicht mal jemand drankommt, der nach der reinen Lehre nicht an der Reihe wäre.

Es ist auch unverändert löblich, wenn Kommunen das starre System mit Eigeninitiativen ergänzen. So waren die individuellen Impfangebote, die alle über 65-Jährigen in Mannheim bekommen haben beziehungsweise noch erhalten werden, überaus sinnvoll. Gleiches gilt nun für gezielte Sonderaktionen wie auf der Hochstätt, der noch weitere folgen sollen. Zu den verschmerzbaren Nebenwirkungen zählt dann eben auch Impfneid.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen