Ibbenbürener Anthrazit galt für über fünf Jahrhunderte als die beste Steinkohle Europas. Aus den Schächten ganz im Norden von Nordrhein-Westfalen haben Bergleute zig Millionen Tonnen des pechschwarzen und leicht glänzenden Brennstoffs geholt. Vor ziemlich genau vier Jahren war die letzte Schicht gefahren, wenig später machten auch die beiden letzten Steinkohlezechen in Deutschland dicht. Seither ist die Bundesrepublik auf Importe angewiesen. Und lange Zeit ergab das aus wirtschaftlicher Sicht Sinn.
Wer hätte beim Beschluss zum Ausstieg aus der Kohleförderung 2007 auch nur ahnen können, dass Deutschland mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine in eine Energiekrise rutschen wird? Doch gerade bei der Kohle zeigt sich, dass diese Entscheidung nicht in eine fatale Abhängigkeit geführt hat.
Auf dem Weltmarkt gibt es neben Steinkohle aus Russland ein breites Angebot. Der Preis hat sich zwar binnen Jahresfrist vervierfacht, aber es droht kein gefährlicher Engpass wie beim Gas. Da der Brennstoff aus jedem Land per Schiff importiert wird, ist die passende Infrastruktur vorhanden. Das EU-Embargo für Kohle aus Russland ließ sich bis zu diesem Mittwoch also verhältnismäßig leicht umsetzen.
Ganz anders die Herausforderungen beim Erdgas aus Russland, das zu Jahresbeginn noch mehr als die Hälfte des deutschen Bedarfs deckte: Hier wird sich erst noch zeigen müssen, ob die Vorräte im Winter ausreichen, sollte Russland den Hahn zudrehen. Gegen die schlimmste Notlage hat die Bundesregierung passende Maßnahmen ergriffen. Doch für die Zukunft sollte die Gaskrise eine Lehre sein, sich nicht noch einmal von einem Land derart abhängig zu machen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Fatale Abhängigkeit
Alexander Klay fordert, aus der Energiekrise unbedingt die richtigen Lehren zu ziehen